Hamburger Auftragskiller rastet in Gericht aus Peter Zantop gilt als einer der brutalsten und gefährlichsten Verbrecher der Hansestadt. Er hatte im Gefängnis "Santa Fu" einen Mithäftling attackiert. Vor Gericht beleidigt er die Richterin mehrfach.
Von Martin Jenssen
Es fing dort an, wo es vor zwölf Jahren aufhörte. Das Landgericht Hamburg hatte am 23. Juli 2003 gegen den Auftragskiller Peter Zantop eine "Lebenslange Freiheitsstrafe mit Sicherungsverwahrung" verhängt. Am Freitag wurde wieder im Hochsicherheitstrakt des Landgerichts gegen Zantop, der als einer der brutalsten und gefährlichsten Verbrecher der Hansestadt gilt, verhandelt.
Obwohl es diesmal nur ein Fall für das Amtsgericht Hamburg Mitte war, wurde der Prozess in den sichersten Saal des Gerichts verlegt. Der Vorwurf: Zantop, inzwischen 56 Jahre alt, soll in der Küche der Strafanstalt Fuhlsbüttel ("Santa Fu") dem Mitgefangenen Jörg B. (48) eine Schale mit heißem Essen ins Gesicht geschleudert haben. Das Opfer erlitt bei der Attacke Verbrennungen ersten und zweiten Grades.
Längster Prozess der Hamburger Justizgeschichte
Im Juli 2003 war Zantop im bislang längsten Prozess der Hamburger Justizgeschichte u.a. wegen zweifachen Mordes verurteilt worden. Als Auftragskiller tötete er den schwedischen Autohändler Stellan Alfredsson und den Immobilienhändler Günter Steppan. Auftraggeber war ein Hamburger Unternehmer. In dem Prozess mit mehr als 300 Verhandlungstagen hatten die Anwälte rund 600 Anträge gestellt. Insgesamt wurden 150 Zeugen vernommen. Sechs Verteidiger, fünf Nebenkläger, drei Berufsrichter und vier Schöffen waren am Prozess beteiligt.
Im Gericht war kaum eine Veränderung bei dem Angeklagten zu bemerken. Wie vor zwölf Jahren pöbelte er das Gericht an, bis er von der Verhandlung ausgeschlossen wurde. Bei seinem kurzem, etwa eine Stunde dauernden Auftritt, wurden ihm die Handschellen nicht abgenommen. Im Saal wurde Zantop von sechs Sicherheitsbeamten bewacht.
Noch vor Verlesung der Anklage beleidigte er die Richterin schwer: "Du kannst mir mal den Stuhlgang entsorgen", erklärte er auf die Frage nach seinen Personalien. Dass es sich bei dem Angeklagten tatsächlich um Peter Zantop handele, musste einer der Sicherheitsbeamten bestätigen. Verzögert wurde der Prozess durch einen Antrag des Verteidigers, die Verhandlung auszusetzen. "Mein Mandant ist nicht verhandlungsfähig", begründete der Anwalt. Zantop habe in den vergangenen sechs Wochen in Santa Fu keine Nahrung und kaum Flüssigkeit zu sich genommen.
Auf Nachfragen bei der Gefängnisleitung und dem Gefängnisarzt wurde dem Gericht jedoch grünes Licht gegeben. Der Vorwurf der Körperverletzung wurde dokumentiert durch eine DVD, die im Gefängnis während des Vorfalls aufgenommen worden war. Darauf ist deutlich zu sehen, wie Zantop in der Küche die Alufolie von einer Schale mit Essen reißt und wie er das Essen auf seinem Kontrahenten wirft. Der Angeklagte wollte das Beweismittel nicht ansehen. Lässig zurück gelehnt beleidigte er erneut die Richterin.
Weitere Versuche der Richterin, auf freundliche Art mit dem Angeklagten ins Gespräch zu kommen, konterte er mit "bla, bla, bla!" und immer ekelhafter werdenden Beleidigungen. So blieb dem Gericht keine Wahl. Die sechs Sicherheitsbeamten führten Zantop zurück ins Untersuchungsgefängnis, wo er bis zur Urteilsverkündung warten musste.
Auch der Geschädigte ist kein Unschuldslamm
Der geschädigte Häftling Jörg B. gehört auch nicht zu den Unschuldslämmern. Der "Riese", 2,04 Meter groß und 154 Kilogramm schwer, ist mehrfach wegen Körperverletzung vorbestraft. Zwischen den beiden Gefangenen soll es schon länger Streit gegeben haben. In einer ersten Einlassung hatte Zantop behauptet, Jörg B. habe ihn beleidigt und bedroht.
"Es war sehr eng in der Küche, auf dem Herd stand ein Topf mit kochendem Wasser. Es hätte Schlimmes passieren können", beteuerte Zantop seine Notwehrsituation. Dem widersprach der Zeuge. Auch auf dem Video war keine Notwehrsituation erkennbar.
Eine Strafe von einem Jahr und drei Monaten forderte die Staatsanwaltschaft, "Freispruch", die Verteidigung. Vor der Urteilsverkündung wurde Zantop wieder in den Saal gerufen. Das letzte Wort, das dem Angeklagten vor der Urteilsverkündung gestattet wird, war bei ihm wieder eine Beleidigung. Missachtung des Gerichts auch bei der Urteilsverkündung.
Zantop erhob sich nicht aus seinem Sessel. "Ein Jahr Gefängnis ohne Bewährung", so das Urteil. Eine Entscheidung, die aber wohl bei diesem Gefangenen, der unter Sicherungsverwahrung steht, keine Auswirkungen hat. Als disziplinarische Maßnahme hatte die Gefängnisleitung Zantop nach dem Vorfall in der Küche einen Monat Arrest auferlegt.
PETER ZANTOP Verurteilter Mörder bepöbelt Richterin: „Du Schlampe“
Von Stephanie Lamprecht
Vor zwölf Jahren wurde Auftragsmörder Peter Zantop zu lebenslanger Haft plus Sicherungsverwahrung verurteilt. Wegen seiner obszönen Pöbeleien (und weil er dem Gericht einen Umschlag mit seinem Kot geschickt hat) wurde er damals monatelang vom Prozess ausgeschlossen. Am Freitag stand der Rüpel erneut vor Gericht - und machte weiter, als wäre es gestern gewesen. Begrüßung für die Richterin: „Du kannst mir mal den Stuhlgang entsorgen, du Schlampe.“
Zantop, wuchtige Gestalt, finsterer Blick, ist wegen vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt. Er hat im Gefängnis einem Mithäftling heißes Essen ins Gesicht geworfen. Sechs Justizbeamte führen ihn in den Saal, seine Hände in Handschellen.
Sein Verteidiger will das Verfahren aussetzen, weil Zantop das Überwachungsvideo von dem Suppenwurf noch nicht gesehen habe. Der Mandant zeigt sich wenig dankbar für das anwaltliche Bemühen: „Du kannst dir die DVD in den A… schieben.“ Die Richterin droht, ihn auszuschließen, Zantop starrt demonstrativ an die Decke.
Als die Staatsanwältin mit der Verlesung der Anklage beginnt, grölt der Mann auf der Anklagebank: „Bla, bla, blas mir einen.“ Dann etwas Unverständliches. Die Richterin zum Protokollanden: „Haben Sie das? Die Staatsanwältin soll sich das in die Gurgel schieben?“ Zantop ungeduldig: „Die soll sich ne Gurke reinschieben! Du kannst dir auch ne Gurke reinschieben, du F….“ Die Richterin stoisch: „Haben wir das protokolliert? F…?“ Zantop: „Alte stinkende F…“ Die Richterin knochentrocken: „Bitte ins Protokoll: alte, stinkende F…“ Dann schließt sie den Angeklagten wegen „fortgesetzter unflätiger Beleidigungen“ von weiteren Verfahren aus.
Der von dem heißen Essen getroffene Mithäftling sagt aus, die Vollzugsbeamten der Station sagen aus, schließlich fordert die Staatsanwältin ein Jahr und drei Monate Haft. Der Verteidiger lässt das Strafmaß offen, bezweifelt aber dass das Essen so heiß war wie behauptet.
Dann wird Zantop wieder in den Saal geführt, er hat das Recht des letzten Wortes. Er entscheidet sich für „Du kannst mir mal den Schwanz lutschen.“ Urteil: Ein Jahr Haft. Zantop starrt wieder an die Decke. In die Urteilsbegründung der Richterin („das war eine maßlose Attacke, keine Notwehr“) ruft er : „Schieb’s dir in den A….“. Er hat inzwischen 30 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht. Schon als Kind, so steht es in einem Urteil, sei er ein Tierquäler gewesen und „der Schrecken anderer Kinder.“
Hamburg - Das Hamburger Landgericht hat den Auftragsmörder Peter Zantop am Donnerstag zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Der 44-Jährige hatte den schwedischen Autohändler Stellan Alfredsson nach Ansicht der Kammer 1998 mit einem Kopfschuss aus Habgier in Hamburg getötet. "Er hat ihn geradezu hingerichtet", sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung.
Zwei Mitangeklagte Zantops wurden ebenfalls verurteilt. Der türkischstämmige Schwede Mehmet Y. muss wegen Anstiftung zu dem Mord an Alfredsson für sechseinhalb Jahre hinter Gitter. Mehmet Y. habe mit der Tat eine ihn belastende Aussage Alfredssons vor einem schwedischen Gericht verhindern wollen, erklärte der Richter. Ein weiterer Mann wurde wegen Beihilfe zur Nötigung zu neun Monaten Haft verurteilt.
Zantop konnte sein Urteil nach dreieinhalbjähriger Prozessdauer nicht selbst entgegennehmen. Er war vom Verfahren ausgeschlossen worden. Der 44-Jährige hatte die Richter wiederholt angepöbelt und bespuckt.
Der Straftäter wurde am Donnerstag außerdem wegen Totschlags des 70-jährigen Immobilienhändlers Günter Steppan im Januar 1999 verurteilt. Zantop habe Steppan mit 32 Messerstichen getötet und dessen Lebensgefährtin lebensgefährlich verletzt, hieß es im Urteil. Als Auftraggeber für die Tat hatte das Hamburger Landgericht im vergangenen Juni bereits einen Kaufmann zu lebenslanger Haft verurteilt.
Das Mammut-Verfahren gegen Zantop hatte rund 300 Verhandlungstage gedauert. Täglich waren zwölf Anwälte, sieben Richter und Staatsanwalt Rolf Lange im Hamburger Strafjustizgebäude zusammen gekommen.