KIST Ungeklärte Kriminalfälle: Mord mit Axt, Auto und Benzin Tod eines Autohändlers: Noch fast 40 Jahre später gibt das brutale Kapitalverbrechen an Franz Schumann aus Kist bei Würzburg der Kriminalpolizei viele Rätsel auf. Hatte er den falschen Leuten ein Bündel Geld gezeigt?
Nicht viele Morde sorgten Mitte der 70er Jahre für so viel Entsetzen wie der Raubmord an dem Autohändler Franz Schumann aus Kist bei Würzburg: Die Vorgehensweise des oder der Mörder ließ einem das Blut in den Adern gefrieren.
Entweder der oder die Mörder waren besonders wütend oder besonders abgebrüht – oder sie wollten ein Zeichen setzen: Sie ergriffen am Abend des 1. April 1976 ein Handbeil als Mordwerkzeug und schlugen dem 56-jährigen Schumann den Schädel ein. Dann überfuhren sie ihn auf einem Acker nicht weit von Hanau mit dem eigenen Mercedes. Schließlich übergossen sie den Sterbenden mit Benzin und zündeten ihn an.
Schumann war am 1. April – einem Donnerstag – zu einer Geschäftsfahrt aufgebrochen, von der zunächst wenig bekannt war. Am nächsten Tag gegen 14 Uhr fanden Spaziergänger seine verkohlte Leiche. Der Tatort lag – wie die Kripo später mitteilte – auf hessischem Gebiet am Stadtrand von Maintal im Main-Kinzig-Kreis an der Bundesstraße 8, das blutige Beil war neben der Leiche liegen gelassen worden.
„Zunächst war es schwierig, Schumann zu identifizieren“, sagte ein Ermittler. „Dem Toten war nicht nur ein Bündel Geld abgenommen worden, sondern auch die Brieftasche mit Ausweis, Führerschein und Kfz-Papieren.“
Die Ermittler profitierten bei der Identifizierung davon, dass Schumanns Leiche sich – als sie angezündet wurde – in Bauchlage befand. So blieben in seiner Jacke Fragmente von Geschäftspapieren mit Anschriften und Rufnummern von Autohändlern im ganzen Bundesgebiet erhalten.
Bei ihnen hat sich die Kripo durchgefragt, und war bei der Identifizierung schließlich in Kist gelandet. Aus diesen Kreisen erfuhr sie auch, dass das Mordopfer in der Branche als „Dr. Schumann“ bekannt war und einen Auftrag über Großfahrzeuge ansteuerte.
Der ledige Franz Schumann war an jenem Donnerstag allein in seinen beigen Mercedes 200 D gestiegen – mit einem Bündel Geldscheine in der Jacke. Vermutlich wollte er zu Geschäftsfreunden im Raum Hanau, Frankfurt oder Offenbach fahren, vermutete man später in seinem Umfeld. Die Würzburger Kripo war sich sicher: „Auf der Fahrt dorthin muss er seinem Mörder begegnet sein. Als Tatzeit steht die Nacht von Donnerstag auf Freitag fest.“
Bei den Ermittlungen fanden Kripo-Beamte heraus: Bereits zwei Tage vorher war Schumann unterwegs gewesen in Richtung Frankfurt – mit einem zunächst unbekannten Begleiter, der den Geschäftsmann in einem weißen Mercedes mit blauer Polsterung durch die Gegend fuhr. Nach dem 50 bis 60 Jahre alten Mann, nur etwa 1,65 Meter groß und kräftig, suchten die Ermittler nun, während die Zeitungen in großen Schlagzeilen titelten: „Autohändler brutal ermordet“ oder „Die Leiche lag im Acker“.
Verschwunden war nicht nur das Bündel Geld, das Schumann mitgenommen hatte, sondern auch sein beigefarbener Mercedes 200 D mit dem Würzburger Kennzeichen Wü-X 323. Der 56-Jährige hatte vage von einem Geschäft erzählt, das er in Frankfurt abwickeln wollte. Aber beim ersten Versuch einige Tage vor seinem Tod schien das nicht geklappt zu haben – er kam von dem Besuch, bei dem ihn der Unbekannte begleitet hatte, unverrichteter Dinge zurück. Der Mann hatte seinen Wagen bei Schumann zu Hause in der Schillerstraße stehen gelassen, die Polizei vermutete, dass auch dieses Fahrzeug ein Würzburger Kennzeichen trug.
Der Fall gab der Kripo Rätsel auf: Hatten ihn Geschäftspartner in eine Falle gelockt? War der Autohändler nur so unvorsichtig gewesen, im falschen Moment die 20 000 Mark zu zeigen, die er dabeihatte? „Ob er bei geschäftlichen Verhandlungen oder bei einem Aufenthalt in einem Lokal seinen Mördern in die Hände gefallen ist, wissen wir noch nicht“, sagten Kripobeamte der rasch gebildeten Sonderkommission.
Deren Leiter, Kriminalhauptkommissar Grede, wandte sich an die Öffentlichkeit: Niemand solle glauben, dass er nur mit einem heißen Tipp zur Polizei gehen könne. Der gehe es auch um Kleinigkeiten, und „sei es, dass einer Schumann irgendwo noch austreten sah“. Grede berichtete, das ein Zeuge sich gemeldet hatte, der den Autohändler noch am 1. April gegen 18 Uhr am Steuer seines Wagens gesehen hatte. Er war aber zunächst nicht zur Polizei gegangen, weil er fürchtete, sich mit einem so schwachen Hinweis lächerlich zu machen. Der Hauptkommissar hielt dagegen: „Auch Kleinigkeiten können für uns wichtig sein.“
Die hohe öffentliche Aufmerksamkeit brachte die Polizei trotz der spärlichen Hinweise in zwei Punkten schnell weiter: Schumanns Mercedes, der zunächst verschwunden war, wurde in Frankfurt verlassen aufgefunden. Und der Mann, der einige Tage zuvor seinen Wagen bei Schumann in Kist geparkt hatte, um mit ihm weiterzufahren, meldete sich bei der Kripo. Aber auch das brachte die Ermittler nicht auf die Spur der Mörder.
Dann wurde es konkreter: Vier Wochen nach der Tat wusste die Polizei, dass Schumann als eine Art Mittelsmann einen gebrauchten Lkw erwerben und an einen bereits vorhandenen Mittelsmann weiterveräußern wollte. Aufgrund von Schumanns üblichen Geschäftspraktiken dürfe man davon ausgehen, dass bereits Vorverhandlungen geführt worden waren.
Seiner Tochter hatte er aber erzählt, in der Woche vor der Fahrt vom 1. April sei es zu keinem Geschäftsabschluss gekommen. Die Ermittler suchten in den Kreisen, in denen er vorwiegend gebrauchte Lkw an- und weiterverkaufte. 2500 Fahndungsplakate wurden gedruckt und plakatiert – in Frankfurt, Düsseldorf, Ludwigsburg, Stuttgart, Augsburg, München Nürnberg, in Würzburg und in Tatortnähe. Für Hinweise setzte das Landeskriminalamt eine Belohnung von 5000 Mark aus. Aber es kam kein heißer Tipp, der Axtmörder wurde bis heute nicht gefasst.