Erschossen im Outback: Neuer Anlauf im Fall Falconio – Durchbruch mit doppelter Belohnung?
Mitten im menschenleeren Outback verschwand der britische Rucksacktourist Peter Falconio spurlos – seither beschäftigt sein Fall ganz Australien. Nun will die Polizei mit einer höheren Belohnung endlich das letzte Rätsel lösen: Wo ist seine Leiche?
Barbara Barkhausen Aus Sydney berichtet Barbara Barkhausen 25.06.2025, 17:29 Uhr
Fast 24 Jahre nach dem gewaltsamen Verschwinden des britischen Backpackers Peter Falconio im australischen Outback hat die Polizei des Northern Territory eine neue Belohnung in Höhe von 500.000 australischen Dollar (rund 280.000 Euro) ausgesetzt.
Hinweise, die zur Auffindung von Falconios sterblichen Überresten führen, werden damit erstmals doppelt so hoch entlohnt wie bisher.
„Wir wissen, dass seither viel Zeit vergangen ist – aber es ist nie zu spät, sich bei der Polizei zu melden“, sagte der amtierende Polizeikommandant Mark Grieve gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender ABC. „Man weiß oft gar nicht, wie wichtig eine Information ist, die man besitzt.“
Der Fall hatte im Juli 2001 weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Der damals 28-jährige Peter Falconio reiste gemeinsam mit seiner Freundin Joanne Lees in einem VW-Kleinbus durch das australische Inland, als sie auf einem abgelegenen Abschnitt des Stuart Highway rund 300 Kilometer nördlich von Alice Springs von einem Unbekannten gestoppt wurden. Dort, mitten im menschenleeren Zentrum Australiens, wurde Falconio laut Gerichtsunterlagen erschossen. Seine Leiche wurde jedoch nie gefunden.
Lees konnte sich in jener Nacht mit knapper Not retten: Der Täter fesselte sie und versuchte, sie zu verschleppen, doch sie entkam und verbrachte stundenlang versteckt im Busch, bis sie am nächsten Morgen auf die Straße lief und Hilfe fand.
Unwirtlich und einsam Der Tatort liegt im Northern Territory, einem riesigen Bundesstaat im Zentrum und Norden Australiens, der etwa viermal so groß wie Deutschland ist, jedoch nur rund 250.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählt. Große Teile bestehen aus Outback – einer unwirtlichen, oft glühend heißen Halbwüste mit extrem wenig Infrastruktur. Der Stuart Highway, auf dem das Paar unterwegs war, durchquert das Landesinnere in Nord-Süd-Richtung. Handyempfang, Tankstellen oder Notrufsäulen sind dort oft Hunderte Kilometer entfernt.
2005 wurde der australische Drogenkurier Bradley Murdoch in einem aufsehenerregenden Prozess wegen Mordes an Falconio und wegen versuchter Entführung Lees’ zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch Murdoch, der bis heute seine Unschuld beteuert, hat nie Angaben gemacht, wo sich Falconios Leiche befindet.
„Viele Fragen bleiben offen“ „Der Mord an Peter Falconio ist eine der faszinierendsten Geschichten, über die ich berichtet habe“, sagte der britische Journalist und Buchautor Roger Maynard, der den Prozess beobachtete und das Buch „Where’s Peter? Unraveling The Falconio Mystery“ veröffentlichte. Anders als bei den ebenfalls aufsehenerregenden Morden an Rucksacktouristen und -touristinnen im Osten des Landes in den 1980er und 1990ern, bei denen die Schuld des Mörders eindeutig gewesen sei, „fehlten in Falconios Fall Leiche und Motiv, sodass viele Fragen unbeantwortet blieben“, so Maynard.
Zunächst fiel der Verdacht sogar auf Joanne Lees, die öffentlich um Fassung rang und deren Aussagen von manchen Medien angezweifelt wurden. Erst später konnte Murdoch anhand von DNA-Spuren überführt werden. Maynard erinnert sich auch an die Familie des Opfers und eine weitere unbestätigte Theorie im Fall Falconio: „Ich lernte Falconios Familie während des Prozesses kennen. Sie waren am Boden zerstört und konnten nicht glauben, dass Peter seinen Tod vorgetäuscht hatte, was manche Leute glauben.“ Noch heute gebe es Spekulationen über sein Schicksal, „doch es ist schwierig, irgendwelche Theorien zu beweisen“.
Verurteilter Täter schwerkrank Murdoch, bei dem 2019 unheilbarer Kehlkopfkrebs diagnostiziert wurde, befindet sich laut ABC derzeit in palliativer Behandlung im Krankenhaus von Alice Springs. Theoretisch könnte er ab 2032 Bewährung beantragen – doch laut dem Gesetz „No Body, No Parole“, das 2016 im Northern Territory eingeführt wurde, wird eine Freilassung nur gewährt, wenn der Verurteilte bei der Aufklärung kooperiert und den Aufenthaltsort des Opfers preisgibt.
Polizeikommandant Grieve zufolge wurden in den vergangenen Jahren wiederholt Versuche unternommen, Murdoch zur Kooperation zu bewegen – zuletzt auch in dieser Woche. „Leider liegt das Ergebnis dieser Gespräche bei Murdoch selbst. Er hat sich in keinem Fall kooperativ gezeigt“, sagte Grieve gegenüber ABC. Man hoffe nun, dass sich potenzielle Mitwisser – aus Murdochs Umfeld – melden könnten.
„Vielleicht hat er jemandem etwas anvertraut – einem Freund, einem Familienmitglied. Wir wissen es nicht“, sagte Grieve. „Es ist eine gute Gelegenheit, den Druck zu erhöhen.“ Bereits zum 15. und 20. Jahrestag von Falconios Verschwinden hatte die Polizei an die Öffentlichkeit appelliert – bislang ohne Erfolg. Nun will man mit der Verdopplung der Belohnung neue Anreize schaffen. „Wir wollen den Fall lösen“, sagte Grieve. „Wir wollen versuchen, seiner Familie zumindest ein kleines Stück Abschluss zu ermöglichen – indem wir seine Überreste heimbringen.“