U-Bahn-Schubser am Rosa-Luxemburg-Platz: Opfer ist querschnittsgelähmt Ein Albtraum, aus dem man nie wieder aufwacht: 37-Jähriger muss sich seit Ende März wegen versuchten Mordes verantworten. Bisher schweigt der Angeklagte.
Katrin Bischoff 30.05.2025 16:18 Uhr Rimi M. muss sich seit Ende März wegen versuchten Mordes vor Gericht verantworten.
An diesem Freitag weigert sich Rimi M., den Gerichtssaal zu betreten – er muss zwangsvorgeführt werden, was den Beginn der Verhandlung am Berliner Landgericht verzögert. Als der 37-jährige Albaner dann endlich auf der Anklagebank sitzt, wird der Behandlungsbericht seines mutmaßlichen Opfers verlesen.
Klaus Harry B. ist Rentner, er wird in der nächsten Woche 74 Jahre alt. Seit einer Attacke, mutmaßlich von Rimi M. begangen, ist er gelähmt, sitzt im Rollstuhl und lebt in einem Pflegeheim. Ihm ist das widerfahren, was man einen Albtraum nennen könnte – aus dem man nicht mehr erwacht.
Seit Ende März dieses Jahres muss sich Rimi M. vor einer Schwurgerichtskammer, die bei versuchten und vollendeten Tötungsdelikten zuständig ist, verantworten. Und schon am übernächsten Verhandlungstag wollen die Richter ihr Urteil sprechen. Dem Bauhelfer, der sich bis zum Meister hochgearbeitet haben soll, werden versuchter Mord und schwere Körperverletzung vorgeworfen.
Rimi M. soll am 20. April vorigen Jahres gegen 20.20 Uhr den Bahnsteig des U-Bahnhofs Rosa-Luxemburg-Platz in Mitte betreten und Klaus Harry B. von hinten in das Gleisbett der U2 gestoßen haben. Der rüstige Senior zog sich dabei mehrere Halswirbelfrakturen und Platzwunden am Kopf zu. Zwei Zeugen retteten den Mann. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht, musste dort laut Behandlungsbericht zweimal operiert werden und lag auf der Intensivstation. In dem Verfahren ist er Nebenkläger.
Sein Anwalt hatte zu Prozessbeginn erklärt, sein Mandant versuche alles, um wieder laufen zu können. Klaus Harry B. hatte vor der hinterhältigen Attacke in einem Altbau in Pankow gelebt – im dritten Stockwerk. Rimi M. soll sich nach dem Stoß mit der U-Bahn vom Tatort entfernt haben.
Frau auf Straße angegriffen: „Ich wollte nur mein Vergnügen“ Die Fahnder kamen durch Aufnahmen einer Videokamera auf seine Spur. Ein Super-Recognizer, der sich Gesichter außergewöhnlich gut merken kann, soll bei der Identifizierung von Rimi M. geholfen haben. Nach einer Öffentlichkeitsfahndung konnte der Tatverdächtige Anfang Oktober in einem Wohnhaus in der Mareschstraße in Neukölln festgenommen werden. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.
Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft Anklage wegen schwerer Körperverletzung erhoben. Die Schwurgerichtskammer sah jedoch einen hinreichenden Tatverdacht auf ein versuchtes Tötungsdelikt und wies in ihrem Eröffnungsbeschluss auf eine mögliche Verurteilung wegen versuchten Mordes hin. Sie ging von Heimtücke aus, da Klaus Harry B. durch den Stoß von hinten überrascht worden sei. Der Angeklagte habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass das Opfer entweder durch den Aufprall im Gleisbett oder aber durch die Kollision mit einer einfahrenden U-Bahn tödliche Verletzungen erleiden könnte.
Und der Stoß ins Gleisbett ist nicht die einzige Tat, die der Angeklagte begangen haben soll. Zwei Wochen vor der Attacke auf dem U-Bahnhof hatte Rimi M. offenbar eine Frau auf der Potsdamer Straße angegriffen, sie niedergeschlagen und ihr Haare ausgerissen. Eine Polizistin, die damals zum Tatort gerufen worden war, erklärte in dem Verfahren, der Angeklagte habe ganz unauffällig gewirkt. Er habe zu ihr gesagt: „Keine Ahnung, was ich getan habe, ich wollte nur mein Vergnügen.“
Im Prozess hat Rimi M. bisher zu den Tatvorwürfen geschwiegen. Am 23. Juni wird die Verhandlung fortgesetzt. Vier Tage später sollen noch ein Zeuge und die psychiatrische Sachverständige gehört werden. Auch die Plädoyers und ein Urteil sind an diesem Tag geplant.