Selbstjustiz Mord in Sarstedt war offenbar Ende einer Familienfehde Tatort in Sarstedt: Tödliche Schüsse an der Ampel.
Es war offenbar eine regelrechte Hinrichtung: Zwei Männer haben in der Nacht zum Montag in Sarstedt (Kreis Hildesheim) einen 35-jährigen Mann an einer roten Ampel in seinem Auto erschossen. Offenbar war es der Höhepunkt eines Familiendramas – und einer wahrscheinlich monatelangen Jagd auf den Mann, der um die Gefahr gewusst hatte und untergetaucht war. Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigten dies am Montag allerdings nicht.
02.01.2012, 21:16 Uhr
Sarstedt. Sonntagabend, 23.15 Uhr. Ein schwarzer Golf-Kombi mit Hildesheimer Kennzeichen fährt die Giesener Straße in Sarstedt herunter in Richtung Innenstadt. Die Ampel an der Kreuzung steht auf Rot, deshalb stoppt der Fahrer seinen Wagen direkt vor dem dortigen Kiosk.
Da treten zwei Männer auf dem Bürgersteig vor dem Kiosk an das Auto heran, ziehen Pistolen und feuern mehrmals durch das Beifahrerfenster auf den 35-Jährigen. Zehn Patronenhülsen finden die Ermittler später auf dem Asphalt. Offenbar handelt es sich um Neun-Millimeter-Geschosse.
Der Syrer sackt auf dem Fahrersitz zusammen. Die Täter flüchten laut Zeugenaussagen mit dem Auto. Nach Polizeiangaben haben zwei Passanten die Tat beobachtet, können aber das Kennzeichen des Fluchtwagens nicht wiedergeben. Einer der Zeugen ist ein Sarstedter Feuerwehrmann, der in der Nähe wohnt. Er zieht den Sterbenden aus dem Auto, legt ihn auf die Straße und fühlt seinen Puls. Der Syrer lebt noch, der Feuerwehrmann versucht, ihn zu reanimieren. Vergeblich, der 35-Jährige stirbt. Ein weiterer Brandschützer kommt aus der Pizzeria gegenüber hinzu. Auch er kann dem Opfer nicht mehr helfen.
Um 23.18 Uhr wird die Polizei alarmiert. Streifenwagen rasen heran, dazu Rettungswagen. Der Notarzt kann nur noch den Tod des Opfers feststellen. Die Polizei ermittelt schnell den Halter des Autos. Ein Polizist schlägt die Decke zurück, mit der seine Kollegen den Toten abgedeckt haben, sagt sofort: „Das ist er.“ Später bestätigen genauere Untersuchungen die Identität des Mordopfers.
Die Polizei richtet noch in der Nacht eine Mordkommission ein, Montagmorgen übernimmt die Staatsanwaltschaft Hildesheim die Führung der Ermittlungen. Auch das Bundesinnenministerium schaltet sich ein. Nachdem erst am 2. Weihnachtstag der Berliner Grünen-Politiker und syrische Oppositionelle Ferhad Ahma von Unbekannten verprügelt worden war und die Ermittler seitdem untersuchen, ob der syrische Geheimdienst in den Fall verwickelt ist, weckt ein Mord an einem syrischen Staatsbürger sofort das Interesse der Sicherheitsbehörden.
Der Verdacht erhärtet sich allerdings nicht, zumal der Fokus der Ermittler sich schnell auf die Familienfehde richtet. Am Vormittag überprüft die Polizei die Personalien einiger Syrer bei Osnabrück, setzt sie aber wieder auf freien Fuß. Im Lauf des Tages folgen Einsätze von Spezialeinsatzkommandos der Polizei, eines davon in Hildesheim. Zu Festnahmen kommt es aber nicht.
Das Ende einer Hetzjagd?
Der Mord ist offenbar der traurige Höhepunkt eines Familiendramas – und das tödliche Ende einer monatelangen Flucht vor der Selbstjustiz einer syrischen Großfamilie. Davon ist Uwe Wedekind, Geschäftsführer des Hildesheimer Asylvereins und langjähriger Bekannter des Mordopfers, überzeugt.
Der syrische Kurde Abdelkader D. ist demnach im Jahr 1994 nach Deutschland gekommen. Als Staatenloser erhält er ein Aufenthaltsrecht. Bald darauf lernt er eine ebenfalls aus Syrien nach Deutschland ausgewanderte Frau namens Neval Y. kennen. Sie heiraten in einer religiösen Zeremonie, haben sechs Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren. Das Paar kann aber zunächst nicht zusammenleben – wegen unklarer Personalien verweigern die Behörden der Frau lange den Umzug von Nordrhein-Westfalen nach Hildesheim. Abdelkader D. hat bei der Einreise zudem falsche Personalien angegeben. Als ihm die Behörden das nachweisen, legt er im Jahr 2008 schließlich einen syrischen Reisepass vor. Er verliert sein Aufenthaltsrecht. Fortan ist er offiziell wieder syrischer Staatsbürger.
„Anfang 2010 hat er einen Job gefunden, ab Mitte 2010 war der Unterhalt für ihn, seine Lebensgefährtin und die Kinder aus unserer Sicht gesichert“, erinnert sich Wedekind. Er hat den Mann – anders als Frau und Kinder – zwar als „nicht sonderlich gut integriert“ in Erinnerung. Angesichts des neuen Jobs will ihm der Asylverein aber helfen, wieder einen besseren Aufenthaltsstatus zu bekommen, und schickt einen Antrag an die Härtefallkommission des Landes.
Eine Woche später trennt sich Neval Y. Anlass ist eine neue Beziehung ihres Mannes, angeblich mit einer ebenfalls verheirateten Cousine. „Das kann ich aber nicht bestätigen, über die Frau weiß ich wenig“, sagt Uwe Wedekind. Eine Affäre zweier Verheirateter – ein übler Verstoß gegen die Familienehre.
Abdelkader D. deutet gegenüber Uwe Wedekind an, dass er sich bedroht fühlt, verschwindet schließlich für mehrere Monate aus der Gegend, möglicherweise nach Nordrhein-Westfalen zu Neval Y. „Sie ist eine eher westlich orientierte Frau, die mit dem Lebenswandel ihres Mannes nicht mehr viel anfangen konnte“, sagt Uwe Wedekind. Dass von ihrer Seite Rachegefühle aufgekommen seien, glaubt er nicht: „Sie haben sich im Guten getrennt, soweit ich weiß.“
Vor acht Wochen taucht dann Abdelkader D. wieder in der Region auf. Eine Polizeistreife hält ihn in Hannover an und schickt ihn nach Hildesheim zurück, wo er sich rechtlich betrachtet aufhalten müsste. Wenig später meldet er sich bei Uwe Wedekind. Er soll ihm berichtet haben, dass er bei Freunden in Sarstedt untergekommen sei und dass er sehr erschöpft sei von der Flucht, keine Kraft mehr habe. Sein Leben in Angst endet schließlich in der Nacht zum Montag an einer Ampel in Sarstedt.
Walid Omairat wird seit 13 Jahren von der Polizei gesucht.
Die Polizei sucht mit einem Foto nach einem Mann, der 2012 den damals 35-jährigen Syrer Abdulkader Danko in Sarstedt (Landkreis Hildesheim) erschossen haben soll. Der gesuchte Walid Omairat soll zusammen mit einem anderen auf den Syrer gezielt haben, während dieser mit seinem Auto vor einer Ampel in der Giesener Straße hielt. Wie die Polizei mitteilt, wurde ein Mittäter bereits im gleichen Jahr verurteilt. Von Omairat fehle seitdem jede Spur. Die Beamten vermuten, dass er sich zwischenzeitlich im Libanon aufhielt. Der Fall ist am Mittwoch Thema in der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" im ZDF. Hinweise zum Aufenthaltsort des Mannes nimmt die Zentrale Kriminalinspektion der Polizeidirektion Göttingen unter der Telefonnummer (0800) 192 01 92 oder per E-Mail an hinweisaufnahme-ampelmord@polizei.niedersachsen.de entgegen.
Informationen Delikt: Mord Zeit: 01.01.2012, gegen 23:16 Uhr Tatort: Giesener Straße / Einmündung Voßstraße in Sarstedt, Niedersachsen Familienname: OMAIRAT Vorname: Walid Geburtsdatum: 01.01.1978 Geburtsort: Beirut / Libanon Staatsangehörigkeit: libanesisch Geschlecht: männlich Größe: 158 cm Äußere Erscheinung Äußere Erscheinung: südeuropäisch Schuhgröße: 41 Gewicht: circa 75 Kilogramm Haarfarbe: schwarz Augenfarbe: braun-grün korpulente Figur Weitere Details Für die Polizei ist die Beantwortung folgender Frage von Bedeutung:
Können Sie Hinweise zum Aufenthaltsort des Gesuchten geben? Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite der Polizeidirektion Göttingen, der Polizeiinspektion Hildesheim und von Europol.
Mord auf offener Straße Fahndung nach Walid Omairat (XY-Sendung vom 22. Januar 2025)
Anfang 2012 wird ein Mann in seinem Auto mit Schüssen aus zwei Pistolen regelrecht hingerichtet. Ein Täter wird verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein zweiter Mann, der ebenfalls an der Tat beteiligt gewesen sein soll, ist seitdem verschwunden. Seit 13 Jahren sucht die Polizei wegen dringenden Tatverdachts nach Walid Omairat.
Sarstedt in Niedersachsen, südlich von Hannover. In der Nacht zum 2. Januar 2012 wird hier ein Mann aus Syrien, der mit seinem Auto an einer Ampel wartet, mit Schüssen aus zwei Pistolen getötet. Das 35-jährige Opfer hatte mit einer verheirateten Frau eine Beziehung.
Eindeutige Spuren zu den Tätern Noch im selben Jahr wird der Ehemann der Frau festgenommen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Sein mutmaßlicher Komplize ist ein Verwandter des Ermordeten: Walid Omairat. Er soll direkt nach der Tat untergetaucht sein.
Personenbeschreibung Walid Omairat war zum Tatzeitpunkt 34 Jahre alt (heute 47). Er ist libanesischer Staatsbürger 1,58 m groß, damals kräftig gebaut, schwarze Haare, braun-grüne Augen. Vermutlich ist er nach der Tat zurück in den Libanon geflohen. Wo er sich heute aufhält, ist unklar. Er wird international von der Polizei gesucht. Nicht ausgeschlossen wird, dass er inzwischen sogar nach Deutschland zurückgekehrt ist.
Fragen nach Zeugen:
Wer weiß, wo sich Walid Omairat im Moment aufhält? Wer kann Hinweise zur Tat geben? Belohnung: Für Hinweise, die zur weiteren Aufklärung der Tat führen, ist eine Belohnung von 10.000 Euro ausgesetzt.
Unter Mordverdacht Sarstedter „Ampel-Mord“: Fahndung bei „Aktenzeichen XY...“ bringt konkrete Hinweise auf flüchtigen Walid Omairat Walid Omairat wird wegen Mordes gesucht – und ZDF-Moderator Rudi Cerne ruft am Mittwochabend in der Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ dazu auf, Hinweise auf den Flüchtigen zu liefern. Anhören Hildesheimer Emittler suchen seit 13 Jahren nach dem abgetauchten mutmaßlichen Mörder, der in Sarstedt einen Mann erschossen haben soll. Bringt die Fahndung in der ZDF-Sendung jetzt den Durchbruch?
Jan Fuhrhop 24.01.2025, 11:13 Uhr
Sarstedt. Seit 13 Jahren wird der abgetauchte Walid Omairat wegen Mordes gesucht – nun gibt es nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hildesheim erstmals neue, konkrete Hinweise auf seinen möglichen Aufenthaltsort. Die Polizei überprüft die Angaben zurzeit.
Omairat, nach den offiziellen Unterlagen der Behörden aktuell 47 Jahre alt, gilt als Komplize des verurteilten Mörders, der am Neujahrsabend 2012 in Sarstedt den Syrer Abdelkader D. erschossen hat, während der in seinem Auto an einer roten Ampel wartete. D. musste damals sterben, weil der Täter und sein Schwager und mutmaßlicher Komplize Walid Omariat ihn wegen einer Affäre mit ihrer Verwandten zur Rechenschaft ziehen wollten. Das Landgericht verurteilte zwar den einen Mörder, doch Omairat konnte sich absetzen. Nach Erkenntnissen der Ermittler hat er sich zwischenzeitlich im Libanon aufgehalten.
„Ampel-Mord“ in Sarstedt: Fall bei „Aktenzeichen XY“ Lange war es still um den „Ampel-Mord“-Fall und den stämmigen und nur 1,58 Meter großen Flüchtigen – doch am Mittwoch wandten sich die in Hildesheim ansässigen Ermittler der Zentralen Kriminalinspektion (ZKI) und die Staatsanwaltschaft Hildesheim mit einem Fahndungsaufruf an die Öffentlichkeit. Und auch in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ rief Moderator Rudi Cerne in der Rubrik „Europes Most Wanted“ dazu auf, Hinweise zu liefern, wo sich Walid Omairat derzeit aufhält. Offensichtlich mit Erfolg: Denn wie Constantin Rawohl, stellvertretender Sprecher der Staatsanwaltschaft Hildesheim, auf Nachfrage der Redaktion bestätigt, sind am Tag nach der „XY...“ Ausstrahlung bereits 14 konkrete Hinweise auf Omairat eingegangen.
Ob die Hinweisgeber es hauptsächlich auf die ausgelobte Belohnung von 10.000 Euro abgesehen haben, oder ob es ihnen nur um Gerechtigkeit geht, ist den Ermittlern dabei wohl egal – Hauptsache, es sind Tipps dabei, die wirklich zur Verhaftung von Walid Omairat führen. Nach Rawohls Angaben ist noch nicht klar, wie hilfreich die Hinweise letztlich sein werden. „Die Polizei geht ihnen derzeit nach.“jan