20.02.15NEUKÖLLN Raubmord an Rentnerin nach mehr als 25 Jahren aufgeklärt Im Jahr 1989 wurde eine 76 Jahre alte Frau in ihrer Wohnung in Neukölln ermordet. Nun konnte der mutmaßliche Täter ermittelt werden - durch eine DNA-Untersuchung.
Von Peter Oldenburger
Polizei und Staatsanwaltschaft haben nach mehr als zwei Jahrzehnten einen Mordfall aus dem Jahr 1989 aufgeklärt. Durch ergänzende DNA-Untersuchungen nach neuestem Stand der Kriminaltechnik konnte jetzt der Tatverdacht gegen einen 44-Jährigen erhärtet werden, teilte die Behörden am Freitag mit.
Der von einer Richter erlassene Haftbefehl gegen den Mann sei Freitagmorgen um 8 Uhr in dessen Zehlendorfer Wohnung vollstreckt worden. Der Verdächtige, der eine damals 76 Jahre alte Frau in Neukölln getötet haben soll, wollte sich nach Polizeiangaben nicht zum Tatvorwurf äußern.
Am 22. November 1989 war in einer Wohnung in der Boddinstraße eine 76 Jahre alte Frau tot aufgefunden worden. Eine Freundin der Seniorin war an diesem Tag mit der 76-Jährigen verabredet. Doch auf deren Klingeln hin wurde die Wohnungstür nicht geöffnet. Die Freundin des Opfers veranlasste, dass ein Hauswart die Tür öffnete, wonach die Frau leblos aufgefunden wurde.
Die polizeilichen Recherchen ergaben sehr bald, dass aus der Wohnung auch Schmuck gestohlen wurde. Daraufhin wurden die Ermittlungen wegen Raubmordes geführt und eine Mordkommission eingeschaltet. Die folgenden Ermittlungen blieben jedoch lange Zeit ohne konkretes Ergebnis. Mehrfach wurde die Ermittlungen neu aufgenommen, ohne dass ein Tatverdächtiger ausfindig gemacht werden konnte.
Verdacht, aber kein Beweis Im Jahr 1993, fast vier Jahre nach dem ungeklärten Mord, konnten Fahnder die Mordkommission schließlich einen jungen Mann als mutmaßlichen Täter ermitteln, der zum Tatzeitpunkt 19 Jahre alt war. Allerdings sei dem Mann nach Angaben der Staatsanwaltschaft seinerzeit das Verbrechen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen. Wie sich erst jetzt herausstellte, waren die Ermittler bereits vor 22 Jahren dem Richtigen auf die Spur gekommen.
Der mutmaßliche Täter war der Seniorin seit einigen Wochen bekannt gewesen und war so auch ins Visier der Ermittlungen geraten. Demzufolge bestanden auch Vermutungen, wonach der Verdächtige gewusst haben könnte, dass sich in der Wohnung der 76-Jährigen wertvoller Schmuck befindet. Doch die Spurenlage und die gesammelten Indizien reichten nicht für eine beweissichere Anklage aus. Letztendlich konnte nun bereits nach der Tat am Opfer gesichertes DNA-Material den Verdacht gegen den 44-Jährigen erhärten, sagte Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft , am Freitag. Die Ermittlungen dauern an.
Zu großen Teilen stand noch die Berliner Mauer, als ein 19-Jähriger eine 76-Jährige in Neukölln ermordet haben soll. Aber Mord verjährt bekanntlich nie: Jetzt konnte die Polizei das Verbrechen aufklären.
Polizei und Staatsanwaltschaft haben jetzt eine Bluttat aufgeklärt, die keine zwei Wochen nach dem Mauerfall geschehen war. Die Berliner waren vom Regierenden Bürgermeister Walter Momper (SPD) gerade zum „glücklichsten Volk auf der Welt“ ausgerufen worden, die Schlagzeilen auf der Titelseite des Tagesspiegels an jenem Freitag lauteten: „DDR beschränkt Warenausfuhr“ und „US-Präsident Bush bietet der Sowjetunion neue Partnerschaft an“.
Im Lokalteil stand der Bericht über den Mord: Eine 76-Jährige war in ihrer Wohnung in der Boddinstraße in Neukölln umgebracht worden – offenbar bereits am Montag zuvor.
Eine Bekannte hatte sich kurzfristig am Telefon mit der 76-Jährigen verabredet. Als die zur vereinbarten Zeit – nur eine halbe Stunde später – die Tür nicht öffnete und auch später trotz mehrfacher Anrufversuche nicht ans Telefon ging, informierte die Bekannte die Söhne der Rentnerin. Die ließen am Mittwoch darauf die Tür gewaltsam öffnen – und fanden die Leiche ihrer Mutter im Wohnzimmer vor. Als Todesursache wurde „Gewalteinwirkung gegen den Hals“ ermittelt. Es gab Indizien, dass etwas Geld und Schmuck geraubt wurden und dass die Frau ihren Mörder selbst eingelassen hatte, denn Einbruchspuren existierten nicht. Aber es gab keine heiße Spur.
Die Akten werden nie geschlossen - daher die hohe Aufklärungsquote Doch die Akten wurden – wie bei den wenigen ungeklärten Mordfällen üblich – nie geschlossen. Auch deshalb ist die Aufklärungsquote mit etwa 90 Prozent seit Jahren relativ hoch. 1993 ermittelte die Polizei auch in diesem Fall einen Verdächtigen. Er war 19 als die Tat geschah und er soll das Opfer gekannt haben. Doch die Ermittler konnten ihm das Verbrechen nicht mit der nötigen Sicherheit nachweisen, sodass sie ihn ohne Gerichtsverhandlung wieder laufen lassen mussten.
Im vergangenen Jahr wurde der Fall mithilfe neuester DNA-Untersuchungen erneut aufgerollt, teilte die Polizei am Freitag mit. Nun war der Tatverdacht gegen den inzwischen 44-Jährigen so dringend, dass ein Richter Haftbefehl gegen ihn erließ. Am Freitagmorgen gegen acht Uhr sei er in seiner Wohnung in Zehlendorf festgenommen worden, teilte die Justiz mit. Zum Tatvorwurf habe sich der Mann nicht äußern wollen, hieß es. Weitere Details wurden auf Nachfrage nicht genannt.
Fast jedes andere Verbrechen wäre inzwischen verjährt. Sollte der Beschuldigte verurteilt werden, dann wohl nach Jugendstrafrecht, weil er damals noch keine 21 Jahre alt war.