Zeugen-Jehovas-Experte : „Geistlicher Missbrauch ist an der Tagesordnung“
Nach dem Attentat auf eine Zeugen-Jehovas-Gemeinde in Hamburg erklärt ein Religionspsychologe, warum ein solcher Gewaltakt untypisch ist – und wie die Sekte Menschen isoliert und kontrolliert.
Von Julia Schaaf -Aktualisiert am 11.03.2023-08:33
Herr Professor Utsch, was haben Sie gedacht, als Sie von der Amoktat mit acht Toten in einem Versammlungssaal der Zeugen Jehovas in Hamburg gehört haben?
Das passt überhaupt nicht, habe ich gedacht, weil die Zeugen Jehovas ja sehr bibelgläubig sind. Mord und Totschlag sind streng verboten, das Töten von Menschen ist tabu.
Inzwischen heißt es allerdings, der Täter könnte ein ehemaliges Mitglied der Glaubensgemeinschaft gewesen sein.
Das verändert die Lage, da denkt man natürlich an Rache, an Abrechnung. Es gibt eine neue Studie von einer Stressforscherin an der Universität Zürich, die unter anderem Aussteiger der Zeugen Jehovas untersucht hat. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass so ein Ausstieg ein absolut stressvolles Ereignis ist. In gewissen Lebensphasen kann eine geschlossene enge Gemeinschaft Halt und Orientierung geben. Man fühlt sich aufgehoben, das ist Sinnstiftung. Aber wenn das Korsett zu eng wird, wenn man raus will, dann wird es schwierig. Dann stürzen viele Menschen auch in seelische Schwierigkeiten. Damit es allerdings zu einer so gravierenden Kurzschlusshandlung kommt, muss wahrscheinlich doch eine seelische Vorerkrankung vorgelegen haben.
************************************************************************* *Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht* Mark Aurel *What goes arount - comes arount * Critical questioning never harms* *********************************************************************************** *Hervorhebung in Kommentaren durch den Verfasser *Äusserungen zu Fällen sind rein spekulativ*