Die erste unheimliche Begegnung fand vor zwei Jahren statt. Eine Zwölfjährige wurde auf dem Schulweg ganz in der Nähe der elterlichen Wohnung in der Region Hannover von einem Rentner angesprochen. "Er drängte ihr seine Zuneigung auf", so Richter Götz Wettich vom Oberlandesgericht Celle. Und es war keine großväterliche Zuneigung. Der Rentner war bereits mehrfach wegen Vergewaltigung vorbestraft und in einem Fall wegen sexueller Belästigung eines Kindes. Bereits in den 1960er-Jahren war er erstmals auffällig geworden. 2002 kam er dann in Sicherungsverwahrung.
Aus der Sicherungsverwahrung entlassen Das deutsche System dieser Sicherungsverwahrung wurde jedoch vom Europäischen Gerichtshof kritisiert, sodass das Bundesverfassungsgericht 2011 die rückwirkend verhängte oder verlängerte Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärte und den Gesetzgeber zu einer Reform aufforderte. Die Neuregelung ist seit Juni 2013 in Kraft. Der vorbestrafte Rentner jedenfalls wurde vorzeitig entlassen und unter eine sogenannte Führungsaufsicht gestellt. "Ihm wurde die Weisung erteilt, keinen Kontakt zu Kindern aufzunehmen", so Richter Wettich.
Mit 14 Jahren kein Kind mehr Bereits 2012 jedoch verstieß der Rentner gegen diese Weisung, als er die Zwölfjährige auf dem Schulweg belästigte. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Offenbar schreckte ihn dies jedoch nicht ab. Im Frühjahr 2014 suchte er erneut den Kontakt zu dem inzwischen 14-jährigen Mädchen. Wiederholt provozierte er Begegnungen mit der Jugendlichen. Lauerte ihr auf dem Schulweg auf. Kaum vorzustellen, welche Ängste das Mädchen und ihre Eltern durchzustehen hatten. Das Problem für die Gerichte: Die erteilte Weisung bezieht sich nur auf den Kontakt mit Kindern, also unter 14-Jährigen.
Zivilrecht schneller und effektiver Stalking ist ein Strafrechtsbestand, möglicherweise werde sich die Familie also auch in einem Strafrechtsprozess gegen den verurteilten Vergewaltiger wehren, so Richter Wettich. Aber in diesem Fall sei das Zivilrecht schneller und auch effektiver. Mit Hilfe des sogenannten Gewaltschutzgesetzes hat das Oberlandesgericht Celle nun eine weiträumige Schutzzone des Amtsgerichts Hannover bestätigt, um das Mädchen vor erneuten Annäherungsversuchen zu bewahren.
Weitreichende Schutzzone Der Rentner darf sich dem Mädchen nicht nähern, er hat eine Entfernung von 50 Metern einzuhalten. Die Wohnstraße des Mädchens ist komplett tabu, der Schulweg zu bestimmten Zeiten. Eine von der 14-Jährigen häufig benutzte U-Bahn Haltestelle gehört zur Schutzzone, sowie ein Einkaufsmarkt. Das Oberlandesgericht bekräftigte zudem, dass Verbote auch dann ausgesprochen werden können, wenn der Rentner sich zuvor noch nie an den genannten Orten aufgehalten hatte. Wichtig sei nur, dass zukünftige Belästigungen wirkungsvoll verhindert werden können.