Das Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen hat deutschlandweit Entsetzen ausgelöst. Vier Menschen starben, viele wurden schwer verletzt. Nach Angaben von Bayerns Innenminister Herrmann werden noch zwölf Personen vermisst.
Nach dem schweren Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen werden weiterhin zwölf Menschen vermisst. Das sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann dem Bayerischen Rundfunk. Es könne aber sein, dass sich Vermisste bereits in den Kliniken befänden. Einige seien so schwer verletzt, dass die Identität der Patienten noch nicht habe geklärt werden können. Er hoffe, dass die Polizei diese Vermisstenfälle in der Nacht abarbeiten könne.
Drei Leichen, die unter dem Zug lagen, hätten die Rettungskräfte mittlerweile geborgen. Weitere Todesopfer seien nicht auszuschließen, sagte Herrmann. Ein Polizeisprecher bestätigte, dass mindestens vier Menschen bei dem Unfall ums Leben gekommen sind. Eine schwerverletzte Person starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Etwa 60 Menschen wurden verletzt, 16 davon schwer. Sie werden nun in den umliegenden Kliniken versorgt.
Nach Informationen des BR haben inzwischen Ermittler ihre Arbeit aufgenommen. "Vor Ort laufen die ersten Arbeiten", sagte ein Polizeisprecher. Polizei und Staatsanwaltschaft wollten mit Hilfe von Sachverständigen des Eisenbahnbundesamts herausfinden, warum der Regionalzug auf der eingleisigen Strecke in Richtung München entgleiste.
Die Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen, Elisabeth Koch, zeigte sich bestürzt. "Es ist grauenvoll", sagte sie. Auch der Landrat des gleichnamigen Landkreises, Anton Speer, rang mit den Worten: "Der Schock sitzt noch tief." Er lobte die Retter, die innerhalb von 45 Minuten die Menschen aus dem Zug geholt hätten.
In ganz Deutschland löste der Unfall Entsetzen aus. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprachen den Angehörigen ihr Beileid aus. Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bahnchef Richard Lutz wollen sich morgen vor Ort ein Bild machen. Die Bilder seien schrecklich und machten sprachlos, sagte Lutz. Die Bahn unterstütze die Ermittlungen der Behörden nach besten Kräften. Der Konzern hat eine Hotline für Angehörige eingerichtet.
Wie kam es zu der Katastrophe in Burgrain? Wie viele Personen werden noch vermisst? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist passiert?
Um kurz nach 12 Uhr fuhr am Freitag die Regionalbahn RB59458 in Garmisch-Partenkirchen los, um 13.26 Uhr sollte sie laut Fahrplan am Münchner Hauptbahnhof eintreffen, doch sie kam dort nie an. Wenige Minuten nach der Abfahrt bog der Zug mit Doppelstockwagen in eine langgezogene Kurve ein - und entgleiste. Drei der fünf Waggons rutschten von den Gleisen, die an der Stelle erhöht auf einem Bahndamm liegen. Ein Wagen hing schräg über der Böschung. Die anderen beiden Waggons kippten nach unten, einer blieb auf der Seite liegen, der andere auf dem Dach.
Was ist über die Opfer bekannt?
Die Passagiere kämpften sich aus den Wagen, doch nicht alle schafften es. Mindestens vier Menschen verloren bei dem Zugunglück ihr Leben. Eine Person verstarb auf dem Weg zum Krankenhaus, es handelt sich um eine Frau, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Freitagabend dem Bayerischen Rundfunk. Drei Tote wurden unter dem Zug liegend gefunden und am Freitagabend geborgen. Ihre Identität konnte noch nicht festgestellt werden, so Herrmann, da sie stark entstellt seien. Nach Polizeiangaben sind keine Kinder unter den Toten.
Bei dem Zugunglück wurden zudem 15 Personen schwer verletzt und mussten in ein Krankenhaus gebracht werden. Zahlreiche weitere Passagiere erlitten leichte Verletzungen.
Etwa 140 Passagiere saßen bei dem Unfall im Zug, darunter wohl viele Schülerinnen und Schüler, da der Unterricht kurz zuvor geendet hatte und die Pfingstferien begannen.
Sind noch mehr Tote zu befürchten?
Womöglich befinden sich unter den umgekippten Waggons noch weitere Personen, die Bergungsarbeiten dauern an. Innenminister Herrmann sagte am Freitagabend im Bayerischen Rundfunk, es seien zwölf Personen, die noch vermisst würden. Einige Vermisste könnten allerdings bereits in den Kliniken und so schwer verwundet sein, dass ihre Identität nicht habe geklärt werden können.
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) sprach am Freitagabend nicht mehr von zwölf Personen, sondern von noch zwei Personen, die als vermisst gelten. Die Polizei nannte am Samstagmorgen eine "einstellige Zahl" an Vermissten.
Was ist die Ursache für das Unglück?
Laut einem Augenzeugen kippte der Zug plötzlich um. Ersten Vermutungen zufolge könnte ein Schaden am Gleis die Ursache sein. Warum es zu dem möglichen Fehler an der Strecke kam, ist bislang nicht bekannt. Die Bundespolizei und Kriminalpolizei ermitteln.
Bernreiter sagte am Freitag an der Unfallstelle: "Wir werden genau untersuchen, was die Ursache des Zugunglücks ist." Fest steht, so Bernreiter: "Es war kein zweiter Zug und kein anderes Fahrzeug beteiligt." Die Bahnstrecke verläuft an der Unfallstelle einlgeisig. Es dürfte Tage oder Wochen dauern, bis Erkenntnisse vorliegen.
Die Unfallstelle liegt nur wenige Kilometer von dem oberbayerischen Ferienort Garmisch-Partenkirchen entfernt im Ortsteil Burgrain, in den idyllischen Loisachauen. Die nächste Haltestelle des Zugs wäre Farchant gewesen, das keine zwei Kilometer entfernt liegt.
Der Unfall ereignete sich in einer langgezogenen Linkskurve, kurz bevor der Zug die Loisach überquert. Die Gleise liegen erhöht auf einem Bahndamm, direkt neben den Gleisen führt die Bundesstraße 2 vorbei.
Die Gegend ist ein beliebtes Ausflugs- und Urlaubsgebiet. Auf einem Felsen über Burgrain liegt die Ruine der Burg Werdenfels, ein attraktives Wanderziel, weil von dort der Ausblick auf das Wettersteingebirge beeindruckend ist.
Wie lief der Rettungseinsatz?
Etwa 650 Helfer waren am Freitag an der Unfallstelle, so der bayerische Verkehrsminister Bernreiter. Sie kamen aus dem gesamten süddeutschen Raum. Zwölf Rettungshubschrauber kreisten über der Gegend. Feuerwehr, Notärzte und Polizei zogen Passagiere durch die Fenster nach draußen, in nur 45 Minuten wurden alle Personen aus dem Zug geborgen, sagte Landrat Anton Speer (Freie Wähler).
Zudem waren 15 Gebirgsjäger aus der Kaserne in Mittenwald im Einsatz, die zufällig im Unglückszug saßen. Ihre Beteiligung sei sehr hilfreich gewesen, sagte Bayerns Innenminister Herrmann am Freitag vor Ort.
Wie ist die Lage vor Ort?
Die Rettungsarbeiten gestalten sich schwierig, am Samstag werden sie fortgesetzt. Starkregen behinderte die Helfer am Abend vorübergehend.
Nach BILD-Informationen soll es sich um einen vermissten Schüler handeln
Am Tag nach dem schrecklichen Zugunglück in Burgrain nördlich von Garmisch-Partenkirchen geht die Suche nach den Vermissten und Opfern der Katastrophe weiter. Die Retter vermuteten noch immer Menschen eingeklemmt unter den Zugteilen. Diese Vermutung bestätigte sich schließlich am Mittag: Retter konnten ein fünftes Todesopfer aus den Trümmern bergen.
Nach BILD-Informationen soll es sich dabei um den Schüler handeln, der vermisst wurde. Landrat Anton Speer (63) zuvor zu BILD: „Unter den Vermissten ist auch ein Kind oder ein Jugendlicher zwischen 10 und 15 Jahren. Wir müssen so schnell wie möglich die Waggons heben und schauen, was da noch drunter ist.“
Zwei Versuche die etwa 50 Tonnen schweren Waggons anzuheben, scheiterten. So mühten sich die technischen Einsatzkräfte noch in der Nacht, Zugteile zu heben. Ohne Erfolg. Ihr Gewicht war zu hoch. Erst um 13.20 Uhr gelang es den Rettern schließlich doch den Zugwagen mit speziellen Kränen anzuheben.
Die Ursache, wie es zu dem Unglück kam, ist noch immer unklar.
ZitatBei den Aufräumarbeiten soll neben Kränen weitere schweres Bergegerät zum Einsatz kommen, darunter ein 250-Tonnen-Schienenkran aus Wanne-Eickel im Ruhrgebiet. Mit diesem solle unter anderem die Lok wieder ins Gleis gehoben werden, wie ein Bahnsprecher erläuterte. Die Arbeiten dürften noch einige Zeit dauern.