16 Vorstrafen, Polizisten beleidigt, Beamten schwer verletzt: Warum lässt der Richter diesen Dynamo-Schläger laufen?
21.07.2021 - 18:41 Uhr
Dresden – Erster Prozess gegen einen der Fußball-Randalierer vom 16. Mai.
Vorm Amtsgericht Dresden stand der 34-jährigen Enrico S. – einer jener „Fans“, die rund ums Stadion am Rande des Zweitligaaufstiegs von Dynamo „wilde Sau“ spielten.
Geschnappt hatte ihn die Polizei-Soko „Hauptallee“ anhand von Videos.
Weil die Dinge bei dem gelernten Maurer Enrico S. damit eindeutig lagen, konnte das Gericht im „beschleunigten Verfahren“ verhandeln.
Enrico S. selbst sagte allerdings in der Verhandlung nichts zur Tat, ließ seinen Anwalt sprechen. Der räumte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in vollem Umfang ein, wollte auch nichts beschönigen.
Die Beamten tragen einen verletzten Kollegen während der Ausschreitungen davon
Danach war S. um exakt 15.28 Uhr einem Polizeibeamten ohne ersichtlichen Anlass mit Anlauf in den Rücken gesprungen, hatte sich seiner Festnahme mit brutalen Tritten und Kopfstößen widersetzt und die Polizei mit nicht druckfähigen Beleidigungen belegt. Der attackierte Beamte erlitt eine Wirbelsäulen- und Brustkorbverletzung-Verletzung, war fast zwei Wochen krankgeschrieben. S., der bereits 16 Mal (!) u.a. wegen Betrug vorbestraft ist, hatte zudem vorab mächtig gebechert. „Einen halben Kasten Bier und ein paar Schnäpse“, sagte er vor Gericht.
Für Staatsanwältin Dr. Beatrice Baumann (43) war die Sache klar. Elf Monate Knast – ohne Bewährung für Enrico S., so ihre klare Forderung.
Doch Amtsrichter Ralph Schamber (58) ließ ungewöhnliche Milde walten, lies Enrico S. mit zehn Monaten auf Bewährung ziehen. Das Geständnis habe allen eine langwierige Beweisaufnahme erspart, „geordnete familiäre Verhältnisse“ hätten sich strafmildernd ausgewirkt. „Hier steht kein Hooligan“, so der Richter.
Dass das der verletzte Polizeibeamte genau so sieht, daran dürfte es veritable Zweifel geben.
Die Staatsanwaltschaft hatte elf Monate Haft gefordert.
RÜCKBLICK: Das letzte Heimspiel des damaligen Fußball-Drittligisten Dynamo Dresden gegen Türkgücü München (4:0) fand wegen der Corona-Pandemie am 16. Mai ohne Publikum statt. Im nahe gelegenen Großen Garten hatten sich dennoch Tausende Menschen eingefunden, um den Aufstieg von Dresden in die 2. Bundesliga zu feiern.
Noch während des Spiels hatten mehr als 500 gewaltbereite Fans Polizisten massiv mit Pyrotechnik angegriffen, es flogen Flaschen und Steine auf Beamte zudem versuchten gewaltbereite Anhänger zum Stadion durchzubrechen.
Polizist in Rücken getreten : Dynamo-Chaot soll im Schnellverfahren vor Gericht
Nach den Aufstiegs-Ausschreitungen will die Staatsanwaltschaft einen der Dynamo-Chaoten (34) schneller vor den Richter bekommen.
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Krawallen wird öffentlich mit Bildern aus Videokameras noch nach 19 Verdächtigen gefahndet. 21 weitere sind identifiziert. Dabei handelt es sich nach Polizeiangaben um Jugendliche und Männer zwischen 15 und 54 Jahren aus Sachsen, die meisten aus Dresden. 20 stellten sich, einer wurde bei einer Kontrolle gefasst.
Die Polizei hatte nach dem Einsatztag damals eine alarmierende Bilanz gezogen: Demnach waren bei dem Einsatz rund um das Rudolf-Harbig-Stadion 185 Beamte verletzt worden.
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