Kehren Verbrecher wirklich so oft an den Tatort zurück?
In Krimis ist es ein beliebtes Motiv: Statt sich zu verstecken, geht der Täter ausgerechnet an den Ort seines Verbrechens zurück.
Das paradoxe Verhalten existiert aber nicht nur in der Fiktion von Unterhaltungsprofis – an der Vorstellung, dass es Mörder immer wieder an ihren Tatort zurückzieht, ist tatsächlich etwas dran. Die Abteilung für Verhaltensforschung (Behavioral Science Unit) der US-amerikanischen Bundespolizei FBI hat beispielsweise mit ihren Studien belegt, dass viele Serienmörder sogar mehrfach nach ihren Verbrechen am Tatort oder auch am Grab des Opfers auftauchen (weshalb sich zum Beispiel »Tatort«-Kommissare in der Regel beim Begräbnis eines Mordopfers auf dem Friedhof herumtreiben).
Es gibt eine ganze Reihe rationaler Gründe für die Rückkehr zum Ort des Geschehens: Der Verbrecher will sich zum Beispiel vergewissern, dass er keine Spuren hinterlassen hat. Hans-Ludwig Kröber, Experte für forensische Psychiatrie in Berlin: »Er schaut vielleicht nach, ob die Leiche noch da ist, versucht herauszufinden, was der Stand der Dinge ist, was die Polizei weiß.«
Meist müssen die Verbrecher dafür keine langen Wege in Kauf nehmen, denn die Mehrzahl der Gewaltdelikte, auch Morde, passieren zu Hause (in der Familie) oder zumindest in der Nähe des Täterwohnorts. Es gibt aber auch psychologische Gründe für die eigentlich widersinnige »Anhänglichkeit« der Mörder an den Ort ihrer Tat. Den so genannten »nicht planenden« Täter treiben meist Schuldgefühle und Reue an den Tatort zurück.
»Planende Täter« dagegen, die das Verbrechen nicht im Affekt, sondern gezielt begangen haben, treibt ein anderes Motiv an: Sie wollen oft auf seltsame Weise an »ihren Fällen« dranbleiben, manchmal geben sie sogar vor, bei der Suche nach dem Täter helfen zu wollen. Psychologen sehen dahinter den Wunsch, Macht und Kontrolle über das Geschehen zu behalten.
Einer der berühmtesten deutschen Serienmörder, Peter Kürten (1883–1931), genannt »der Vampir von Düsseldorf«, ist nicht nur mehrfach zu den Stätten des Geschehens zurückgekehrt, in mehreren Fällen hat er sogar Skizzen vom Tatort an Zeitungen geschickt.