19.2.1988 FF 2 (Kripo Hannover) Vermisstenfälle Bolchert und Dreier in Filmfälle07.03.2011 01:23 von bastian2410 • 1.612 Beiträge avatar_m zu diesem Fall habe ich mich schon mal an einer anderen Stelle in diesem Forum geäußert, muss jedoch meine Angaben etwas verbessern.
Es geht um die Vermisstenfälle Hans Bolchert und Petra Dreier. Der Fall wurde von Ede in der Februar Sendung 1988 als zweiter FF vorgestellt. Bereits bei Ausstrahlung der Sendung saßen zwei Hauptverdächtige, Dirk D. und Wolfgang S., in U- Haft. Beide hatten mt einem Komplizen am 22. Oktober 1987 die beiden Polizisten Rüdiger Schwedow und Ulrich Zastrutzki erschossen. Am 27. Oktober 1988 wurde D. und S. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit Sicherungsverwahrung verurteilt und in den Hochsicherheitstrakt der JVA Celle überstellt. Der dritte Täter beging kurz vor seiner Festnahme auf offener Straße durch Kopfschuss Selbstmord.
Durch Aussagen der Schwester des dritten Täter rückte das Paar Bolchert und Dreier ins Visier der Ermittler. Die Polizei erfährt dann von der Familie Dreier, dass das Paar nicht aus einem Spanien- Urlaub zurückgekehrt ist. Am 13.10.1987 wird in Orange in Südfrankreich ein weisser Mitsubishi Pajero mit dem Gepäck von Bolchert und Dreier sichergestellt. Der Wagen wurde 2 Tage vor dem Verschwinden des Paares von Bolchert am Flughafen Hannover angemietet. Spuren werden im Wagen nicht gefunden, das Auto wurde auffällig sauber gereinigt. Mysteriös ist diese Tatsache, denn Bolchert und Dreier waren mit dem Wagen von Bolchert Vater, einen Mercedes, in den Spanienurlaub aufgebrochen. Auch dieser Wagen wird Ende Oktober auf einen Parkplatz unter einer Brücke gefunden.
Weitere Ermittlungen ergaben, dass Bolchert und Dreier zum kriminellen Umfeld von D. und S. gehörten. D. wollte groß ins Drogengeschäft einsteigen und Bolchert war wohl Kurierfahrer der Bande. Er sollte Rauschgift von Spanien nach Deutschland in Krankenwagen schmuggeln. Fest steht auch, dass das Paar D. und S. am 10.10.1987 in Lauenstein (Kreis Hameln) getroffen hat. 12 Tage später passiert der Polizistenmord in Hannover.
Später werden die Wohnungen von D. und S. durchsucht und die Papiere des Mietwagens, eine Uhr der Marke Cartier sowie ein wertvolles Feuerzeug aus dem Besitz von Bolchert gefunden.
Im Februar 1994 dann der erste Prozeß in Hannover gegen D. und S. wegen zweifachen Mordes an Hans Bolchert und Petra Dreier. Im Prozeß kommt durch die Vernehmung eines Polizeibeamten heraus, dass S. seinen ehemaligen Verteidiger gegenüber den Mord an Bolchert und Dreier gestanden haben soll. So soll er zusammen mit D. das Paar vergiftet und anschließend vergraben haben.
Auch das Motiv kristallisiert sich heraus im Prozeß heraus. Bolchert wollte aus dem Drogengeschäft mit D. und S. aussteigen und wahrscheinlich auspacken. Das war laut Anklage das Todesurteil des Pärchens. Danach wird der Prozeß jedoch unterbrochen, einer der Angeklagten erkrankt schwer und ist verhandlungsunfähig.
Es dauert 4 Jahre, bis der Prozeß in Hannover fortgesetzt wird. Auch 11 Jahre nach dem Verschwinden von Bolchert und Dreier gibt es immer noch keine Hinweise auf deren Verbleib. Beide Angeklagten mussten den Prozeß die ganze Zeit mit Fussfesseln und in Handschellen verfolgen. Insgesamt werden 20 Zeugen in acht Verhandlungstagen gehört, am 9.3.1998 spricht die Kammer am LG Hannover das Urteil: Freispruch für beide Angeklagte. Grund für den Freispruch war nach Ansicht des Gerichts vor allem die Tatsache, dass nicht hinreichend sicher festgestellt werden konnte, dass Bolchert und Dreier wirklich tot seien. Da die Leichen nie gefunden wurden, bleibe ein Restzweifel.
Soweit ein kleines Update zu diesem Vermisstenfall. Ich hatte damals gepostet, dass das Gerichtsverfahren eingestellt wurde, der Fall wurde jedoch mit einem Urteil abgeschlossen. Das ist vielleicht auf den ersten Blick unwichtig, da der Fall - wie in der Netakte richtig vermerkt- ungeklärt ist. Es hat jedoch die juristische Folge, dass, wenn die beiden Leichen wirklich irgendwann gefunden werden und sich eine Täterschaft der beiden Angeklagten bestätigen läßt, es schwierig wird(eigentlich fast unmöglich nach dt Recht) , D. und S. in einem Wiederaufnahmeverfahren zur Rechenschaft zu ziehen, da das Urteil aus dem Jahre 1998 rechtskräftig ist.
Quelle:
FAZ Ausgabe 01.03.1994
Stuttgarter Nachrichten Ausgabe 21.01.1998 und 10.3.1998