"Zurückweichen des Staates" Massive Kritik an Polizei nach eskalierter "Querdenker"-Demo
21.03.2021, 10:41 Uhr | cck, dpa
Ohne Abstand und Masken: In Kassel ist die Lage bei einer Querdenker-Demo eskaliert und Teilnehmer und Polizei stießen aufeinander. (Quelle: t-online)
Nach einer illegalen Demo von Tausenden "Querdenkern" kritisieren Politiker von SPD, Grünen und Linken den Polizeieinsatz. Die SPD fordert Aufklärung. Die Polizei rechtfertigt ihre Strategie.
"Querdenken" in Kassel: So eskalierte die Demo
Nach der eskalierten "Querdenker"-Demonstration in Kassel gibt es Kritik am Einsatz der Polizei. Es sei "ein absolut unverständliches Zurückweichen des Staates", dass Tausende von Corona-Leugnern ohne Masken und ohne Abstand durch die Innenstadt von Kassel ziehen konnten, teilte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Günter Rudolph, in einer Mitteilung mit.
Das Einsatzkonzept der Polizei sei offenkundig gescheitert. Es sei der Eindruck entstanden, "dass Polizeibeamte dem nicht genehmigten Aufmarsch der sogenannten 'Querdenker' noch den Weg bahnten", teilte Rudolph mit. Er forderte eine Erklärung der Polizei und des hessischen Innenministeriums, warum "auf die Provokationen der Corona-Leugner nicht angemessen reagiert und das Recht nicht durchgesetzt wurde".
Auch der Grünen-Politiker Cem Özdemir kritisierte den Einsatz. "Aufmärsche der Quernichtdenker sind jeweils vorher bekannt. (...) Nahezu jedes Mal sind Polizei & Politik überrascht & überfordert", twitterte Özdemir mit Bezug auf die Demo in Kassel und eine weitere in Dresden vergangene Woche.
Und weiter: "Was hindert die Innenminister daran, ihren Job zu machen?"
Polizei: Verzicht auf Zwangsmaßnahmen war notwendig
Mehr als 20.000 Menschen hatten nach Polizeischätzungen in Kassel gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. Dabei wurden massiv die gerichtlich bestätigten Auflagen der Stadt missachtet. Während eines illegalen Demonstrationszuges durch die Innenstadt kam es am Mittag zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten und mit der Polizei. Mehr dazu lesen Sie hier.
Laut Polizei hätte eine Verhinderung oder Auflösung der Versammlungen "zur Anwendung von Zwangsmitteln und damit einhergehend zu einer nicht unerheblichen Anzahl an Verletzten auf allen Seiten geführt". Die Polizeiführung habe deshalb die Entscheidung so gefällt, "dass die polizeilichen Maßnahmen und der temporäre Verzicht auf Zwangs- und Verfolgungsmaßnahmen in der Rechtsgüterabwägung notwendig und angemessen waren", wie die Polizei am späten Samstagabend mitteilte.
Die Teilnehmer seien augenscheinlich überwiegend aus dem bürgerlichen Lager gekommen und hätten insgesamt eher keine erkennbare Tendenz zu gewalttätigen Aktionen gezeigt. "Einzelne gezeigte Symboliken, wie gelbe Sterne, wurden dokumentiert, Verstöße im weiteren Verlauf geprüft."
Video in sozialen Medien sorgt für weitere Kritik
Für Empörung sorgte zudem ein Video, auf dem zu sehen war, wie Polizisten eine Fahrradsperre von Gegendemonstranten abräumten (mehr dazu sehen Sie im Video). Die Polizei äußerte sich dazu nicht. Am Abend teilte sie per Twitter mit, ohne konkreter zu werden: "Im Netz kursieren Bilder und Videos, welche das Einschreiten von Einsatzkräften kritisch darstellen und die Polizei bei vermeintlichen Solidaritätsbekundungen zeigen. Wir nehmen das sehr ernst und werden die Sachverhalte intensiv aufarbeiten."
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Anke Domscheidt-Berg twitterte mit Bezug auf den Tweet der Polizei: "Diese Bilder und Videos stellten nicht Einsatzkräfte 'kritisch dar', sondern offenbaren eklatantes Fehlverhalten im Dienst."
Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Die hessischen Kräfte erhielten Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz. Auch die Bundespolizei, Wasserwerfer und ein Hubschrauber waren im Einsatz.
Zu der Demonstration hatten Veranstalter unter dem Motto "Freie Bürger Kassel – Grundrechte und Demokratie" aufgerufen und bis zu 17.500 Teilnehmer angekündigt.
************************************************************************* *Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht* Mark Aurel *What goes arount - comes arount * Critical questioning never harms* *********************************************************************************** *Hervorhebung in Kommentaren durch den Verfasser *Äusserungen zu Fällen sind rein spekulativ*
BILD-Reporterinnen auf der Querdenker-DemoSechs Stunden angebrüllt und bepöbelt Teaser-Bild
Mehrere Stunden wurden Angelique Geray (l.) und Jessica Firlej bepöbelt Foto: Karsten Socher Fotografie / www.KS-Fotografie.net, Fredrik von Erichsen, BILD Teilen Twittern Senden Von: JESSICA FIRLEJ & ANGELIQUE GERAY 21.03.2021 - 18:01 Uhr Sie halten sich für Kämpfer für Frieden und Demokratie – doch Pressefreiheit treten sie mit Füßen!
Mit unseren Masken fallen wir, die BILD-Reporterinnen, sofort auf, werden angebrüllt, angeschrien, gehässig verdrängt und verfolgt. Uns wollen sie hier nicht!
Esoteriker, Verschwörungstheoretiker, Coronaleugner, Gewaltbereite aus der rechten Szene und Besorgte feierten am Samstag ihre persönliche „Super-Spreader-Love-Parade“, während seit Monaten alle anderen im Lockdown Zuhause sitzen.
Bei der Demonstration der „Querdenker“ kam es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Randalierenden und der Polizei.
In den vergangenen zwölf Monaten hat man die Kasseler Innenstadt wohl nicht so voll gesehen! Nach der genehmigten Versammlung bis 16 Uhr ging es für rund 20 000 Teilnehmer weiter – Kinder und auch Haustiere mit in den ersten Reihen. Sie übernahmen die Innenstadt: Picknick und Saufgelage auf den Wiesen, sie prosten sich zu, fühlen sich überlegen, tanzen zur Techno-Musik und der Polizei auf der Nase herum. Denn die, so scheint es, hat aufgegeben.
Keine Masken, kein Abstand 10.000 Querdenker demonstrieren in Kassel
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"Abwägung der Verhältnismäßigkeit" Polizei verteidigt ihren Einsatz bei Corona-Demo in Kassel
22.03.2021, 17:39 Uhr | dpa
Zehntausende Menschen konnten am Samstag ohne Maske und Abstand ungehindert durch Kassel laufen. Die Polizei reagierte nicht – diese Einsatztaktik wird heftig kritisiert.
Nach ihrem umstrittenen Einsatz bei Protesten gegen Corona-Beschränkungen in Kassel hat die Polizei ihr als zu vorsichtig kritisiertes Vorgehen verteidigt. Eine konsequente Verhinderung oder ein konsequentes Auflösen der Versammlungen hätte "zur Anwendung von Zwangsmitteln und damit einhergehend zu einer nicht unerheblichen Anzahl an Verletzten auf allen Seiten geführt", hieß es am Montag bei der Polizei in Nordhessen.
An der Demonstration am Samstag in Kassel hatten mehr als 20.000 Menschen teilgenommen, darunter auch zahlreiche Seniorinnen und Senioren sowie Kinder – erlaubt wären nur 6.000 gewesen. Viele Teilnehmer hielten sich nicht an Auflagen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Insgesamt gab es in der Stadt mehrere Kundgebungen, auch von Gegendemonstranten.
Es war teils zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen.
"Bei der Abwägung der Verhältnismäßigkeit war zudem die Entscheidung des Gerichts, die mögliche Infektionsgefahren als nicht ausreichend für ein generelles Versammlungsverbot gesehen hat, zu berücksichtigen", erklärte die Polizei weiter. Das Vorgehen und der temporäre Verzicht auf Zwangs- und Verfolgungsmaßnahmen sei in der Rechtsgüterabwägung für notwendig und angemessen befunden worden.
Polizei will Eingriffsmöglichkeiten überprüfen
Zugleich kündigte die Polizei an, ihren Einsatz selbstkritisch zu beleuchten. So stelle sich zum einen die Frage, ob die große Teilnehmerzahl im Vorfeld hätte erkannt werden können. Zudem müsse die Möglichkeiten des Vorgehens gegen Menschenansammlungen, die sich kollektiv nicht an Auflagen im Kontext der Hygienevorschriften hielten, intensiv überprüft werden.
Kritiker werfen den Beamten ein zu zurückhaltendes Auftreten bei der Demo der Corona-Maßnahmen-Gegner vor. Auch wurde Kritik am Umgang der Polizei mit Beteiligten der Gegendemonstrationen laut.
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