18.07.2014, 18:09 Uhr | aktualisiert: 18.07.2014, 18:29 Uhr Westerwald: Angst vor dubiosen Schrotthändlern geht um Westerwaldkreis – Viele Menschen im Westerwald leben in Angst. Der Grund: Weiße Kleintransporter mit fremden Kennzeichen, die langsam durch kleine Dörfer rollen.
Von unserem Redakteur Thorsten Ferdinand
Die Insassen der Fahrzeuge geben sich meist als Schrottsammler aus und halten offensichtlich Ausschau nach mehr oder weniger wertvollem Abfall am Straßenrand. Nicht wenige Anwohner befürchten jedoch, dass es darüber hinaus darum geht, Diebesgut zu erbeuten und vielleicht sogar Einbrüche vorzubereiten. Denn es erscheint zumindest fraglich, dass sich die Touren der Schrottsammler aus dem Kölner Raum für legale Geschäfte überhaupt lohnen können.
Lothar Kroheck aus Nordhofen ist Inhaber eines privaten Sicherheitsdienstes und hat sein Büro in der 550-Seelen-Gemeinde bei Selters. Er ist deshalb häufig auch tagsüber zu Hause und kann das dubiose Treiben auf den Straßen gut beobachten. „Manchmal rollen an einem Tag drei solcher Fahrzeuge durch den Ort", berichtet Kroheck. Während der Fahrer den Transportwagen langsam durch Seitenstraßen steuert, steigen weitere Personen aus dem Fahrzeug aus und halten Ausschau nach attraktiven Wertstoffen. „Für normale Schrotthändler kann sich das gar nicht lohnen", ergänzt der Westerwälder. Auch wenn der Nachweis schwierig zu führen ist, so liegt für Kroheck und seine Nachbarn auf der Hand, dass es sich um kriminelles Treiben handelt.
Tatsächlich kann auch die Polizei bestätigen, dass viele dieser Fahrzeuge aus dem Kölner Raum über keine Lizenz zum Schrottsammeln im Westerwald verfügen. Die Autos sind meist auf Frauen osteuropäischer Herkunft zugelassen, am Steuer sitzen jedoch in der Regel Männer. Die Personen haben meist ein Kleinunternehmen zum Schrotthandel in einer Großstadt angemeldet und weiten ihren Aktionsradius inzwischen auf ländliche Regionen wie den Westerwald aus. Das Einsammeln von Wertstoffen ohne Lizenz ist allerdings keine Straftat, erklärt Andreas Bode von der Polizei in Montabaur. Es handele sich lediglich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer vergleichsweise niedrigen Geldstrafe geahndet werden kann. Die Einbruchszahlen im Westerwald seien jedenfalls nicht angestiegen, ergänzt der Polizeibeamte. Die Ordnungshüter können deshalb keinen Zusammenhang zu Straftaten feststellen.
Die Polizei in Köln geht ebenfalls nicht davon aus, dass die oftmals aus Bulgarien oder Rumänien stammenden Schrotthändler Einbrüche vorbereiten wollen. Professionelle Banden arbeiten anders, erklärt ein Polizeisprecher auf WZ-Anfrage. Dass die Wertstoffsammler den einen oder anderen Gegenstand mitgehen lassen, der eigentlich gar nicht für den Abfall gedacht war, sei hingegen durchaus wahrscheinlich. Dafür sprechen auch die meist dunkel abgeklebten Scheiben der älteren Kleintransporter. Natürlich würden sich derartige Fahrten nach in Deutschland üblichen Maßstäben nicht lohnen, erläutert die Polizei. Für die meist osteuropäischen Sammler sei aber ein Tageserlös von 300 oder 400 Euro bereits äußerst lukrativ. Wenn dann noch ein Händler bereit ist, die Ware ohne Vertrag oder Quittung abzunehmen, ist das für die Insassen der Transporter ein gutes Geschäft.
In Köln liegen diese Kleinunternehmen meist in Stadtteilen, die durchaus als soziale Brennpunkte mit hoher Bevölkerungsfluktuation bezeichnet werden können. Das Sammeln ist für die Schrotthändler im ländlichen Raum leichter, denn dort gibt es größere Grundstücke, auf denen mehr Wertstoff herumliegt, und es gibt im Falle einer Straftat deutlich weniger Zeugen – die meisten Westerwälder sind tagsüber an ihrem Arbeitsplatz und bekommen deshalb gar nicht mit, wer in ihrem Heimatort herumfährt.
Der Westerwaldkreis empfiehlt in diesem Zusammenhang, Wertstoff stets vom Abfallwirtschaftsbetrieb abholen zu lassen. Damit könne auch ein Beitrag geleistet werden, um die Müllgebühren stabil zu halten. Für dubiose Schrotthändler wird es zudem unattraktiv, Touren in den Westerwald zu machen, wenn es dort nichts zu sammeln gibt.
Lothar Kroheck hat nicht zuletzt die Erfahrung gemacht, dass es helfen kann, ein Handy oder eine Digitalkamera zu zücken, sobald ein solcher Kleintransporter durch die Straßen rollt. Denn die Fahrer wollen in der Regel nicht fotografiert werden und ergreifen in diesem Fall meist rasch die Flucht.