Die Toten von Schloß Weihenstephan Friday, 25. January 2008
Hohenthann bei Landshut: Schauplatz unheimlicher Unglücksfälle. Von Gerhard Wisnewski
Potsdam, 8. Januar 2007, Inselkirche Hermannswerder. Vor dem Altar steht eine große, weiße Kerze mit der Aufschrift "In Erinnerung an Felix". Gemeint ist der auf Schloß Weihenstephan bei Landshut am 28. Dezember 2006 verschollene und am 3. Januar 2007 in einem Brunnen tot aufgefundene 14jährige Schüler Felix von Quistorp (Bericht auf dieser Seite hier).
Internatsdirektor Uwe Eisentraut spricht das immer wieder wiederholte Mantra dieses Falles: "Es war ein Unfall, ein schreckliches Unglück. Auch das gehört zu unserem Leben." "Ein tragischer Unglücksfall", pflichtet ihm zwei Tage später Pfarrerin Nicole Waberski bei der Trauerfeier für die Familie bei - wir wollen Felix nicht vergessen".
Eine gute Gelegenheit, sich an die anderen Todesfälle und Katastrophen im Umfeld von Felix' Großvater Erasmus von Fürstenberg zu erinnern. Alles in allem verlor der Mann bei Unfällen Bruder, Ehefrau und Enkel.
Der erste, der auf unerwartete und schreckliche Weise sein Leben ließ, war Franz von Fürstenberg, Bruder des heutigen Schloßherrn und Felix' Großvater, Erasmus von Fürstenberg. Am 12. September 1962 seien die beiden mit dem Traktor von der Ernte zurückgekehrt, berichtet die Münchner Abendzeitung vom 4. Januar 2007. Der ältere - Erasmus - habe den Traktor gelenkt, "der jüngere saß hinter ihm auf der Ladefläche. Die beiden Burschen waren schon fast am Schloß, da geschah das Unglück." Und zwar habe sich in einer abschüssigen Kurve der Anhänger auf den Traktor geschoben und den damals 20jährigen Franz von Fürstenberg dabei zerquetscht.
Im selben Jahr ehelichte der hinterbliebene Bruder Erasmus-Elmar von Fürstenberg (Felix' Großvater) eine gewisse Maria Antonia Gräfin von Vetter. Sie fand Berichten zufolge zufällig auf den Tag genau 34 Jahre nach dem Tod von Franz, am 12. September 1996, bei einem Autounfall unweit von Schloß Weihenstephan den Tod. Damit hatte Felix' Großvater Erasmus von Fürstenberg bereits zwei nahestehende Verwandte auf gewaltsame Weise verloren.
Bei der nächsten Katastrophe kam zwar niemand ums Leben, aber wieder schlug das Schicksal im direkten Umfeld von Erasmus von Fürstenberg zu: "Hohenthann. Am Mittwoch, 30 August 2006, kurz nach 3 Uhr, gingen bei der Einsatzzentrale Landshut und bei der Polizei Rottenburg mehrere Anrufe ein, wonach in Weihenstephan an der Ergoldinger Straße ein Gebäude brennen soll", berichtete die Landshuter Zeitung. "Wie sich herausstellte, brannte das Wirtschaftsgebäude des Schlosses Weihenstephan. Es handelt sich hierbei um ein Gebäude in Hufeisenform, Breite ca. 80 Meter und Schenkellänge von je ca. 30 Meter, in unmittelbarer Nähe des Schlosses. In dem Gebäude befinden sich vier Wohneinheiten, und es werden antike Möbel, antike Kutschen und umfangreiches Werkzeug gelagert. Wegen Renovierungsarbeiten war das Gebäude jedoch unbewohnt."
„Merkwürdiges Winseln und Jaulen“ des Hofhundes habe ihn geweckt, erzählt Erasmus von Fürstenberg laut pnp-online.de. "Der Schlossherr dachte zuerst an einen ungebetenen nächtlichen Besucher. Doch ein Blick aus dem Fenster belehrte ihn eines Besseren: Die Flammen loderten bereits aus den Wirtschaftsgebäuden. Sofort eilte der Schlossherr ans Telefon, um Feuerwehr und Polizei zu verständigen." Vor den Augen des Freiherrn brannte das Gebäude weitgehend aus. Der Sachschaden wurde auf eine bis eineinhalb Millionen Euro beziffert. Es ermittelte dieselbe Landshuter Kripo, wie im Fall Felix von Quistorp. Ergebnis: Ein Unglücksfall, nämlich "vermutlich ein Kabelbrand" (Abendzeitung). "Die Feuerwehren konnten zwar verhindern, dass die Flammen auf das Schloß übergriffen, doch das Wirtschaftgebäude brannte völlig aus."
Die Rettung des Hauptgebäudes gelang vielleicht auch deshalb, weil exakt das glücklicherweise ziemlich genau ein Jahr zuvor geübt wurde. Damals war die Freiwillige Feuerwehr schon einmal bei dem Freiherrn "zu Gast", nämlich im Rahmen einer Übung. Man kennt sich: von Fürstenberg ist nicht nur Gemeinderat in Hohenthann, sondern auch Schirmherr der Freiwiligen Feuerwehr. Die Übung, die er zusammen mit "seiner " Feuerwehr, die übrigens auch bei der tagelang erfolglosen Suche nach dem vermißten Felix dabei war, im September 2005 veranstaltete, grenzte an Hellseherei:
"Angenommen wurde ein Brand im Schloss Weihenstephan. Beim Eintreffen der Ortsfeuerwehr teilte der Besitzer Freiherr Erasmus von Fürstenberg dem Ortskommandanten mit, dass das sich im Heizkessel befindliche Holz nur schlecht verbrennt und der dabei entstandene Qualm bereits das gesamte Gebäude verraucht hat, so dass sich die im 2. OG befindlichen Personen nicht mehr in Sicherheit bringen können", hieß es im Mitteilungsblatt der Gemeinde Hohenthann: "Gleichzeitig wurden die eintreffenden Wehren mit der Ausleuchtung der weitläufigen Einsatzstelle und der Kühlung des Daches beauftragt. Zur Verhinderung eines großen Schadens am Gebäude musste durch den Einsatz der Ortsteilfeuerwehren auf gezielte Löschangriffe bzw. Kühlung von außen im Bereich des Daches geachtet werden." Genau das dürfte auch ein Jahr später ihre Aufgabe gewesen sein, als plötzlich und unerwartet des Freiherrn Wirtschaftsgebäude abfackelte und man sich aus diesem Anlaß an Ort und Stelle wiedertraf.
"Bei der anschließenden Übungsbesprechung bedankte sich Kommandant Martin Auer nach seiner Begrüßung bei Freiherr Erasmus von Fürstenberg für die Möglichkeit, dessen Schloss für diese Übung benützen zu dürfen", hieß es im Gemeindeblatt: "1. Bürgermeister Peter Dreier bedankte sich zunächst ebenfalls beim 'Brandleider' Freiherr Erasmus von Fürstenberg".
Glück im Unglück also, diese Übung? Schon möglich. Kein Glück hatte jedenfalls der 14jährige Felix von Quistorp, den Ende Dezember 2006 die vierte Katastrophe im direkten Umfeld des Freiherrn ereilte. Feuerwehr und Polizei konnten ihn tagelang einfach nicht finden. Am 3. Januar 2007 stießen erst Spezialtaucher aus München am Grund des Brunnens auf den jungen Adeligen, und zwar unter einer dicken Schicht aus Morast und Unrat.
Landshut – Liegt ein mysteriöser Todesfluch auf dem Adelsschloss und seinen Bewohnern?
1962 heiratete Hausherr Erasmus von Fürstenberg (70) die junge Maria Antonia Gräfin von Vetter von der Lilie. Im selben Jahr, am 12. September, starb sein Bruder Franz. Er hatte bei der Ernte geholfen. Die Bremsen des Unimog versagten, ihm wurde das Steuerrad in den Magen gedrückt – tot! Genau 34 Jahre später, am 12. September 1996, starb die Ehefrau. Felix’ Oma war mit dem Auto unterwegs. Ein BMW-Arbeiter schlief nach der Schicht am Steuer ein – Frontalzusammenstoß! Im August 2006 kehrte das Unheil zurück: Nachts um 3 Uhr brach plötzlich Feuer in dem Schloss aus. Der Großbrand war kilometerweit zu sehen, richtete 1 Mio. Euro Schaden an. Hundegebell weckte den Hausherren. Seine zweite Ehefrau war gerade im Italienurlaub. Im November feierte der Baron seinen 70. Geburtstag. Wenige Wochen später starb jetzt sein Enkel.