Amokfahrt-Prozess in Trier: Täter fühlte sich überwacht und verfolgt Stand 28.2.2024, 16:23 Uhr Am zweiten Verhandlungstag im neu aufgerollten Prozess um die Amokfahrt in Trier haben am Mittwoch vor dem Landgericht Trier erste Zeugen ausgesagt. Unter anderem wurden Bekannte des Täters befragt.
So beschrieb eine Freundin des Amokfahrers den Täter als "feinen Kerl". Er sei immer ruhig und friedlich gewesen. Die Zeugin kenne den Mann seit rund sieben bis acht Jahren aus der Nachbarschaft. Ein halbes Jahr lang habe er auch bei ihr gewohnt. Monate vor der Tat habe der Angeklagte unter einem starken Verfolgungswahn gelitten.
Er fühlte sich verfolgt und überwacht von jedem.
Freundin des Amokfahrers in einer Zeugenaussage vor dem Landgericht Trier Auffälliges Verhalten im Vorfeld der Amokfahrt Nach Angaben der Zeugin, habe der Angeklagte geglaubt, dass er über die Heizungslüfter in ihrer Wohnung abgehört werde. Im Bambusstrauch habe er Mikrofone vermutet und auf der Straße habe er wiederholt ein Hin und Her fahrendes Auto gesehen. "Er fühlte sich verfolgt und überwacht von jedem", so die frühere Bekannte am Mittwoch vor Gericht. Dieses Verhalten sei ihr rund ein dreiviertel Jahr vor der Amokfahrt "extrem aufgefallen".
Den Schlüssel zu ihrer Wohnung habe der Angeklagte bis zum Tag der Amokfahrt gehabt. An diesem Tag habe er ihn dann in ihrer Wohnung zurückgelassen und ihr aufgetragen, sich um sein Auto zu kümmern.
Die Zeugin selbst sagte, dass sie nie damit gerechnet habe, dass es zu solch einer Tat komme. An einige Dinge, die sie im ersten Prozess ausgesagt hat, konnte sich sich am Mittwoch vor Gericht nicht mehr erinnern. So sagte sie damals, sie habe zwei, drei Wochen vor der Amokfahrt die Polizei angerufen, weil sie glaube, dass ihr Bekannter etwas Schlimmes vorhabe.
SWR-Reporterin Solveig Naber Zweiter Prozess-Tag der Revision zur Amokfahrt Trier 1 Min Besuch bei Notar einen Tag vor der Amokfahrt Als erster Zeuge wurde am Mittwochvormittag ein Notar aus Trier befragt, bei dem der Täter noch einen Tag vor der Tat unangemeldet aufgetaucht war. Er habe ihm berichtet, dass Geld aus einer angeblichen Versuchsreihe in Immobilien angelegt worden sei und er an die notarielle Urkunde aus dem Verkauf eines Hauses kommen wolle. Der Täter ist überzeugt, dass er 1973 als Kind an einer "Versuchsreihe" teilgenommen habe.
Der Notar berichtete, er habe sachlich und ruhig mit dem Mann gesprochen. Der Zeuge sagte, "die Geschichte klang etwas surreal", aber er habe dem Mann einen Kontakt genannt, wo er die Urkunde bekommen könnte.
Zeugen am Nachmittag berichten von Festnahme Am Nachmittag sagten weitere Zeugen aus, die die Festnahme des Amokfahrers beobachtet haben. Sie berichteten, wie der Mann in der Christophstraße von Polizisten überwältigt wurde. Mehrere Zeugen sagten, der Täter sei kurz zuvor aus seinem Auto ausgestiegen und habe eine Zigarette geraucht. Eine Zeugin sagte: "Es sah aus wie: Jetzt habe ich meine Arbeit getan und rauche eine."
Ein weiterer Zeuge berichtete, dass der Angeklagte keinen Widerstand geleistet habe, als er von den Polizisten festgenommen wurde. Er habe sich aber beschwert und gesagt "Aua, Sie tun mir weh!"
Weiteres Todesopfer durch Amokfahrt Am ersten Prozesstag am Dienstag war bekannt geworden, dass ein weiterer Mensch kurz vor Prozessbeginn an den Verletzungen der Amokfahrt gestorben ist.
Nach Angaben seines Anwalts war der Mann seit der Amokfahrt schwer pflegebedürftig. Sein Mandant sei fast nicht mehr ansprechbar gewesen und habe in einem Heim gelebt. Dort sei der 66-jährige ehemalige Polizist in der Nacht auf Dienstag verstorben.
Amokfahrt Prozess Rechtsanwalt Ammer Weiteres Opfer kurz vor Beginn des Amokfahrt-Prozesses gestorben 00:32 Min Videos der Vernehmung gezeigt Am Nachmittag des ersten Prozesstages wurde im Gerichtssaal ein Video von der Vernehmung des Amokfahrers gezeigt. Es entstand nur wenige Stunden nach der Tat. In dem etwa halbstündigen Video erklärt dem Mann ein Polizist, was ihm alles vorgeworfen wird. Daraufhin sagt er "Oh je" und dass es ihm nicht gut gehe. Er spüre im Oberkörper und Kopf ein Ziehen und Druck. Außerdem erklärte er, dass er etliche Medikamente nehme und keinen festen Wohnsitz habe.
Bilder der Amokfahrt Trierer Amokfahrer steht erneut vor Gericht 3 Min Video herunterladen (68,6 MB | MP4)
Angeklagter im Amokfahrt-Prozess könnte sich äußern Der Angeklagte will sich irgendwann im Prozessverlauf möglicherweise zur Sache äußern. Das teilte sein Anwalt mit. Zum Auftakt am Dienstag machte der Angeklagte lediglich kurze Angaben zu seiner Person. Im ersten Prozess hatte er an den 41 Verhandlungstagen nichts zur Sache gesagt.
Zu Prozessbeginn wurde die Anklage verlesen sowie das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH). Der BGH hatte die Revision zugelassen und das Urteil teilweise aufgehoben. Außerdem verlas das Gericht den Teil des ersten Urteils, der weiterhin Bestand hat.
Ein Herz aus Kerzen für eine junge Frau, die der Amokfahrer in Trier tötete. Vor dem Landgericht Trier wird die Revision verhandelt. Nach dem Urteil zur Amokfahrt wird der Prozess in Teilen also neu aufgerollt. (Foto: dpa Bildfunk, Harald Tittel) Landgericht Trier verhandelt erneut Revision Amokprozess: Für Betroffene in Trier bleibt die Frage nach dem "Warum" Erstes Urteil des Trierer Gerichts teilweise aufgehoben Der Amokfahrer, ein Mann aus Trier, war im August 2022 vom Landgericht wegen mehrfachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Zugleich ordnete das Gericht die Unterbringung des 54-Jährigen in einer geschlossenen Klinik an und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Nach dem Gutachten eines Sachverständigen leidet der Amokfahrer an einer paranoiden Schizophrenie mit bizarren Wahnvorstellungen. Er sei vermindert schuldfähig.
BGH: Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht richtig geprüft Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat dieses Urteil vergangenen Dezember teilweise aufgehoben. Der Bundesgerichtshof teilte zwar mit, dass die Aufklärung des Landgerichts zum äußeren Tatgeschehen in Ordnung war. Aber ansonsten ließ Karlsruhe kein gutes Haar an dem Urteil zur Amokfahrt von Trier.
Das kritisiert der BGH am Trierer Urteil 60 Zeugen im neuen Amokprozess Für das neue Verfahren gegen den 54-jährigen Angeklagten sind vom Landgericht Trier zehn Verhandlungstage geplant. Bis zu 60 Zeugen seien geladen worden, teilte eine Sprecherin des Landgerichts Trier auf SWR-Anfrage mit.
Kerzen zur Amokfahrt Trier (Foto: SWR) Im Gedenken an die Opfer Dossier: Die Amokfahrt von Trier und ihre Folgen Zeugen: Einsatzkräfte und Bekannte des Amokfahrers sollen befragt werden Als Zeugen sollen unter anderem Polizisten aussagen, die nach der Amokfahrt mit dem Angeklagten zu tun hatten. Darunter sind wohl auch die Beamten, die den 54-Jährigen am 1. Dezember festgenommen hatten, und jene, die ihn später verhört haben. Konkrete Angaben dazu wollte das Gericht vorab nicht machen.
Zudem wurden auch Bekannte oder "Kumpels" des Angeklagten geladen. Bei ihnen handelt es sich um jene Zeugen, die den Angeklagten vor der Tat an einem Kiosk in Trier-Zewen getroffen haben sollen.
Sendung vom Mi., 28.2.2024 14:00 Uhr, SWR4 am Nachmittag, SWR4
Urteil im Amok-Prozess in Trier: Lebenslange Haft für Amokfahrer Stand 6.5.2024, 15:49 Uhr Nicole Mertes Solveig Naber
Im neu aufgerollten Prozess um die Amokfahrt vom 1. Dezember 2020 hat das Landgericht Trier das Urteil gesprochen. Der Angeklagte muss lebenslang in Haft.
Außerdem ordnete das Gericht die Unterbringung des Angeklagten in der Psychiatrie an und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Der Amokfahrer wurde wegen sechsfachen Mordes, zwölffachen versuchten Mordes und sechsfachen versuchten Totschlags verurteilt.
Das Gericht folgte damit den Forderungen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage. Das Urteil lautet somit genau wie im ersten Prozess. Damit endet nach gut zwei Monaten der neue Amok-Prozess in Trier.
Verteidigung des Amokfahrers legt erneut Revision ein Stand:10.05.2024, 11:10 Uhr
Anfang der Woche ist der Trierer Amokfahrer wegen sechsfachen Mordes erneut zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Jetzt legen seine Verteidiger wieder Revision ein.
Trier - Die Verteidigung des Trierer Amokfahrers von Ende 2020 hat auch gegen das zweite Urteil Revision eingelegt. Das teilte eine Sprecherin des Landgerichts Trier am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Der 54-Jährige war am Montag in einem neu aufgerollten Prozess wegen sechsfachen Mordes sowie mehrfach versuchten Mordes und mehrfach versuchten Totschlags zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden.
Zudem hatte das Gericht die besondere Schwere der Schuld festgestellt und wegen einer psychischen Erkrankung des Deutschen dessen einstweilige Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik angeordnet. Das neue Urteil hatte den ersten Richterspruch des Trierer Landgerichts vom August 2022 bestätigt.
Der Amokfahrer war am 1. Dezember 2020 mit einem Geländewagen durch die Trierer Fußgängerzone gerast und hatte gezielt Passanten angefahren. Fünf Menschen starben unmittelbar, zudem gab es Dutzende Verletzte und Traumatisierte. Ende Februar starb ein weiterer Mann an den Folgen seiner schweren Verletzungen, die er bei der Tat erlitten hatte.
Der Deutsche hat eine paranoide Schizophrenie mit Wahnvorstellungen - und hat in beiden Prozessen zu den Vorwürfen geschwiegen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nach Revision des Angeklagten das erste Urteil wegen Rechtsfehlern überwiegend aufgehoben. Nun wird der BGH erneut über eine mögliche Revision entscheiden. dpa