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Wales/Swansea/Klostergebäude Stella Maris: 19.05.1979 - Ordensschwester Jacinta Bracken (38)
Der Fall einer Nonne, die vor 27 Jahren vermisst wurde, wird derzeit überprüft.
Schwester Jacinta Bracken, die im Kloster Stella Maris in Swansea lebte, verschwand im Mai 1979 beim Einkaufen eines Paares Strümpfe für ihre Mutter.
Die 38-Jährige stammt ursprünglich aus Ballacolla in Irland und wurde zuletzt von zwei Kindern, die sie unterrichtete, in der Nähe des Parkhauses "Quadrant Multi Storey" der Stadt gesehen.
Ihr Verschwinden war einer der meistdiskutierten Fälle seiner Zeit, aber die polizeilichen Ermittlungen erwiesen sich als fruchtlos.
Die Handtasche von Schwester Jacinta wurde am Tag nach ihrem Verschwinden von einem örtlichen Bootsmann am Strand, etwa 30 Meter vom Westpier entfernt, gefunden.
Bei einer anschließenden polizeilichen Durchsuchung in der Gegend wurde jedoch nichts gefunden.
Zunächst dachte man, Schwester Jacinta sei nach Irland zurückgekehrt, aber diese Theorie wurde ausgeschlossen, als alle ihre Sachen - einschließlich ihres Schiffstickets und ihres Bargeldes - im Kloster gefunden wurden.
Eine andere Theorie besagt, dass die Nonne in ein Loch in der Wand in den Docklands von Swansea gesaugt wurde.
Eine andere Theorie besagt, dass sie am Leben ist und ein neues Leben in einem anderen Teil der Welt führt. Inspektor Andy Hughes
Die Polizei sagt, dass Schwester Jacinta auf ihrem Weg zurück zum Kloster vom Einkaufen im Stadtzentrum oft an den Sand- und Schlammbänken der alten Docklands entlangging.
Am hinteren Ende des Docks war ein großes Loch in der Wand, das nach Angaben der Polizei einen starken Sog hatte.
Jenny Brain, die zum Zeitpunkt des Verschwindens Detective Constable bei der Polizei von Südwales war, inzwischen aber aus dem Dienst ausgeschieden ist, sagte, es sei möglich, dass Schwester Jacinta in das Dock von Swansea gefallen ist. Sie sagte: "Weil sie spurlos verschwunden ist, ist das eine der Theorien, an denen wir arbeiten.
"Wir ließen einen Hellseher eine Karte von Swansea zeichnen und darauf hinweisen, wo ein Loch im Dock war.
Der Hellseher sagte, er glaubte, dass sie vielleicht begraben wurde oder irgendwie in ein Loch fiel.
Zu der Zeit, als Schwester Jacinta verschwand, gab es in Swansea auch eine Menge Bauarbeiten, darunter den Ausbau der Hafengebiete zum Yachthafen, den Swansea jetzt hat, und der Bau der Grafschaftshalle.
Eine Theorie besagt, dass sich die verschwundene Nonne irgendwo in den Fundamenten eines Gebäudes befindet.
Das Gebiet ist jetzt ein Jachthafen mit Schleusentoren, die verhindern, dass bei Ebbe das gesamte Wasser abfließt.
Detetive Andy Hughes, der den Fall für die Polizei von Südwales betreut, sagte, andere Theorien besagen, dass Schwester Jacinta in das Dock fiel, sich bewusst ins Wasser stürzte oder dass eine dritte Partei beteiligt war.
Da sie jedoch katholisch war, ist es unwahrscheinlich, dass das Verschwinden der Nonne auf Selbstmord zurückzuführen ist.
"Eine andere Theorie besagt, dass sie am Leben ist und ein neues Leben in einem anderen Teil der Welt führt", sagte er.
"Nach der halbjährlichen Überprüfung des Falles ist es mein eigenes Bauchgefühl, dass Schwester Jacinta ins Wasser ging.
"Ob es Selbstmord war oder ob ein Dritter beteiligt war, wäre reine Spekulation".
In den letzten 27 Jahren wurde unter ihrem Namen kein Reisepass ausgestellt oder der Tod registriert, wie Ermittlungen bestätigt haben.
Es hieß, sie sei ein beliebtes Mitglied der Gemeinde, das gerne wanderte, einkaufte und den Kindern vor Ort Gitarrenunterricht gab.
Det Hughes sagte, das Verschwinden von Schwester Jacinta sei einer der meistdiskutierten Fälle seiner Zeit gewesen.
"Leider können wir sie nach all den Jahren immer noch nicht finden", sagte er. "Wir halten diesen Fall offen und werden in Kürze weitere Untersuchungen durchführen.
"Hoffentlich können wir die Antwort darauf finden."
Jeder, der Informationen hat, wird gebeten, sich unter 01792 456999 an die Polizeidienststelle von Swansea zu wenden.
Do 25.02.1999 | 21:45 | Kontraste Abstieg in die Sozialhilfe - Eine Nonne bricht ihr Schweigen
Nach über 40 Jahren verläßt Rita Troll ihre katholische Ordensgemeinschaft, trotz jahrzehntelanger Arbeit als Religionslehrerin, droht ihr jetzt der Abstieg in die Sozialhilfe. Unser nächstes Thema: Wer in ein christliches Kloster eintritt, schließt einen lebenslangen Bund mit seinem oder ihrem Gott. Wer ihn aufkündigt, macht das mit Gott und dem eigenen Gewissen aus. Sollte man meinen. Aber - mit schmerzhaften irdischen Folgen müssen Ordensleute rechnen, die diesen Schritt wagen: Armut als Strafe - ein besonderes Beispiel christlicher Nächstenliebe hat Reinhard Borgmann herausgefunden.
Daß sie demnächst auf Sozialhilfe angewiesen sein wird, hat sich Rita Troll nie träumen lassen. Die 60jährige war den größten Teil ihres Lebens überzeugte Nonne. Vor drei Jahren ist sie aus dem Kloster ausgetreten, demmnächst wird sie von Sozialhilfe leben müssen.
Schon als junges Mädchen wollte Rita Troll unbedingt Nonne werden. Über 43 Jahre arbeitete sie im Dienste der Gemeinschaft. Doch mit ihrem Austritt endete die Solidarität ihrer Mitschwestern: eine angemessene Altersversorgung will die Kongregation ihr nicht geben, die Enttäuschung sitzt tief.
Rita Troll: "Der Wert, so die Bedeutung meiner Person als Mitschwester, als Schwester, die dreiundvierzig Jahre in dieser Gemeinschaft gearbeitet hat. Was war ich? Eine Null, ein... ein Dreck war ich..."
Dabei hatte alles so harmonisch angefangen. In Brikenfeld, einem kleinen bayerischen Dorf, in dem Rita Troll aufwuchs, hatte die Kongregation ein eigenes Schwesternhaus. Schon mit 12 stellte sich die kleine Rita der Oberin vor, ihre Schwester kann sich noch genau erinnern:
Hermine Zink, Schwester von Rita Troll: "Das war die Familie, das waren nicht nur wir. Die Eltern und die Geschwister, das war sozusagen die ganze Verwandtschaft. Die Onkel und die Tanten waren sehr stolz auf unsere Rita, nicht?
Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam gelobte sie bei der Ablegung ihres Gelübdes. Ihre Hingabe zu Gott drückte sie durch Hinwerfen auf den Boden aus. Als Braut Christi trennte sie sich von ihren Eltern.
Rita Troll: "Das Treibende war schlicht und einfach die Sehnsucht nach Gott. Ich wollte mehr von Gott erfahren, von Jesus, also ich hab' gesagt, so einfach Gott. Beten, einfach dieses fast Unbewußte, einfach Sehnsucht nach Gott. Und das hat sich mir einfach irgendwie so tief innerlich eröffnet, daß das nur im Kloster möglich ist."
Rita Troll findet ihre Berufung als Lehrerin: Zunächst als Handarbeitslehrerin, später über 18 Jahre als Religionslehrerin an dieser staatlichen Schule in Bad Neustadt. Die engagierte Schwester ist bei Kollegen und Schülern beliebt. Neben ihrer regulären Arbeit hält sie Schülergottesdienste ab. Für Rita Troll wird die Schule ein Fenster zur Welt.
Eckard Knäble, ehem. Kollege: "Das war so ein Hin und Her. Sie war einerseits mit unserer Problemwelt verhaftet und verwurzelt, andererseits in ihrer Kongregation etwas ab..., vielleicht abgeschottet, behütet und hat beide Welten mal kennengelernt."
Mit zunehmenden Alter fällt es Rita Troll immer schwerer, das Leben in der Schule mit dem Leben im Kloster zusammenzubringen. Der Austausch von Erfahrungen zwischen diesen Welten ist vom Kloster nicht gewollt, persönliche Freundschaften, selbst zu Mitschwestern, sind nicht erwünscht. Das religiöse Leben im Kloster empfindet sie als erstarrtes Ritual. Rita Troll fühlt sich unter Druck.
Rita Troll: "Ich hab' mich selbst nicht mehr gekannt, wie aggressiv ich geworden bin. Ich hab' mich einfach selbst nicht mehr gekannt. Schlicht und einfach: Ich war sprituell, geistig am Verhungern."
Im Alter von 57 Jahren tritt sie aus der Kongregation der Schwestern des Erlösers aus. Jahrzehntelang hatte Rita Troll im Dienste der Gemeinschaft als Lehrerin gearbeitet. Dafür erhielt das Kloster bis zu 6000 DM monatlich vom Staat.
Doch bei ihrer Rente spielt dieser Betrag keine Rolle: nur 900 DM im Monat wird sie demnächst bekommen. Das bedeutet Leben auf Sozialhilfeniveau.
Die Kongregation beruft sich auf die gesetzlichen Regelungen für Ordensgemeinschhaften. Die sehen bei der Rentenhöhe nur eine Mindestbeitrags-bemessungsgrenze vor. Darüberhinaus gibt es kein freiwilliges Entgegenkommen, die Generalvikarin sieht keinerelei Handlungsbedarf.
Uns gegenüber wollen sich die "Barmherzigen Schwestern" nicht äußern. Über 600 Mitglieder hat diese karitative Kongregation. Ihr Umgang mit ihren ehemaligen Schwestern stößt außerhalb der Klostermauern auf wenig Verständnis.
Johannes Kohnen, Vereinigung kath. Priester und ihrer Frauen: "Die Kirche, die schiebt die Verantwortung auf die Steuerzahler ab. Das ist einfach auch vom Anspruch, die die Kirchenöffentlichkeit immer wieder stellt, das ist ein absolutes Armutszeugnis, die stellt sich immer groß dahin, daß sie für Arbeitslose sorgen will, ... von Arbeitsloseninitiativen und ihren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die entläßt sie dann praktisch in dieses Niveau der Sozialhilfe."
Über 35 000 Frauen in Deutschland leben im Kloster, knapp hundert von ihnen treten jedes Jahr aus. Rita Troll bewies mit ihrer Entscheidung besonderen Lebensmut, meint eine ehemalige Nonne.
Carola Wilken, Selbsthilfegruppe ehem. Ordensfrauen: "Ich denke, insofern ist es ein Einzelfall, daß sie sich wirklich noch in dem Alter getraut hat, auszutreten. Denn ich kenne mehrere Ordensschwestern, die im Kloster sind, die einfach sagen, ich kann nicht, weil ich dann nicht versorgt bin."
So wird das Kloster auf Dauer zur Zwangsgemeinschaft. Das weiß auch der Verband der Ordensoberinnen. Hier ist man zwar zu einem Interview bereit, doch der Verband verteidigt den Umgang der Orden mit ihren ehemaligen Schwestern.
Cäcilia Hoffmann, Vereinigung der Ordensoberinnen Deutschlands: "Ja, die Schwester hat mit ihrer Ordensprofeß bestimmte Regelungen anerkannt, und diese Regelungen gelten auch grundsätzlich über die Zeit hinaus, also wenn sie die Ordensgemeinschaft verläßt. Die Gelübde in ihren Auswirkkungen sind nicht mit der Mitgliedszeit in der Ordensgemeinschaft zuende."
22 Jahre alt war Rita Troll, als sie Nonne wurde. Austritt konnte sie sich damals gar nicht vorstellen. Welche sozialen Folgen eine solche Entscheidung haben würde, war ihr nicht klar.
Johannes Kohnen, Vereinigung kath. Priester und ihrer Frauen: "Man kann ja jetzt nicht auf Gedeih und Verderb Menschen sozusagen in eine Richtung führen, und wenn das dann nicht klappt, dann sagen: Ja, das habt Ihr ja vorher gewußt. Also, das ist nicht im Sinne Jesu, der hat gerade Menschen die auch "gescheitert" sind auf ihrem Weg aufgenommen und ihnen neue Wege eröffnet. Also, auch in diesem Punkt hängt die Kirche weit hinter dem Anspruch, den sie erhebt, zurück. Also nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch in mitmenschlicher und pastoraler Hinsicht."
Cäcilia Hoffmann, Vereinigung der Ordensoberinnen Deutschlands: "Daß die Renten klein sind, das ist wahr. Vor allen Dingen, wenn eine Schwester sehr lange in der Ordensgemeinschaft gelebt hat und erst sehr spät austritt."
Frage: "Wie können sie das verantworten?"
Johannes Kohnen, Vereinigung kath. Priester und ihrer Frauen: "Man muß sich in die Situation derjenigen versetzen, die dann weggehen, welche Position die haben. Die kommen ja im Grunde dann als Bittsteller. Die wissen genau, ich habe überhaupt keine Möglichkeiten, rechtlich was durchzusetzen. Da kann ich also nur bitten, daß man mir mehr gibt. Und das ist natürlich 'ne ausgesprochen schlechte Verhandlungsposition. Und deshalb muß ein grundlegender Schutz, grundlegende zusätzliche Versorgungen eingerichtet werden."
Doch einen solchen freiwilligen Versicherungsschutz für Ordensmitglieder gibt es bislang nicht. Rita Troll ist inzwischen nach Berlin gezogen. Hier hat sie eine Stelle als Religionslehrerin gefunden. Nach ihrer Pensionierung in einem Jahr wird sie auf die Barmherzigkeit ihrer Freunde angewiesen sein. Die Hoffnung auf eine freiwillige Unterstützung durch die Kongregation hat sie immer noch nicht aufgegeben.
Ihrem Glauben ist Rita Troll bis heute treu geblieben.
Die Angst vor der Armut im Alter nimmt Frauen hinter Klostermauern die Freiheit der persönlichen Entscheidung. Wer so mutig ist wie Rita Troll, die läßt die schwesterliche Gemeinschaft fallen und der Staat alleine. Als Zwangsgemeinschaft war er ja wohl nicht gedacht, der Bund mit dem Herrn. Stand vom 25.02.1999