Vor den anderen Fahrgästen: Mann ersticht getrennt lebende Ehefrau im Linienbus
Obergünzburg (dpa) – Ein Mann hat in einem Linienbus in Bayern seine Ehefrau erstochen – vor anderen Passagieren, darunter mehreren Kindern. Der 37-Jährige war am Montag in den Mittagsstunden in Obergünzburg im Allgäu in dem Bus auf seine getrennt von ihm lebende Partnerin mit einem Messer losgegangen, wie Ermittler mitteilten. Nach dem Angriff ließ der Mann die Waffe zurück und flüchtete zu Fuß. Bei einer Großfahndung wurde der Mann relativ schnell gestellt.
Die 27 Jahre alte Frau wurde nach der Reanimation durch einen Notarzt noch in eine Klinik gebracht. Dort erlag sie aber den schweren Stichverletzungen. Der mutmaßliche Täter, ein afghanischer Staatsangehöriger, ist der Polizei schon seit November 2019 bekannt. Damals habe es einen Übergriff des Mannes auf die Ehefrau gegeben, berichteten die Ermittler. Auch das Opfer hatte die afghanische Staatsbürgerschaft. Beide lebten mittlerweile in unterschiedlichen Wohnungen.
Die Tat geschah kurz vor dem Ortseingang von Obergünzburg, einem Ort mit etwa 6.500 Einwohnern. Der Fahrer stoppte den Bus mitten auf der Straße. Nach Angaben einer Sprecherin des Busunternehmens waren etwa zehn Kinder und vier Erwachsene während der Tat im Bus. Die Messer-Attacke spielte sich im vorderen Teil des Fahrzeugs ab. Die Schulkinder saßen im hinteren Teil. Der Busfahrer und weitere Fahrgäste hätten die Polizei alarmiert. Sie wurden nach der Tat psychologisch betreut.
Ihm wird vorgeworfen, im Juli 2020 in Obergünzburg (Landkreis Ostallgäu) vor den Augen mehrerer Schüler mit einem Küchenmesser mehrfach auf seine Ehefrau eingestochen zu haben (Az. 210 Js 12078/20). Bei einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte der 38-Jährige mit afghanischer Staatsbürgerschaft seine Frau schon nach einem Streit im November 2019 geschlagen und gedroht, sie mit einem Messer zu erstechen. In der Folge habe er getrennt von seiner Familie gelebt, seine Frau aber immer wieder verbal bedroht. Im Februar 2020 wurde ihm demnach daher verboten, mit ihr Kontakt aufzunehmen.
Das Motiv für die Messerattacke sei Rache gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte habe «einen erheblichen Groll» gegen seine Frau entwickelt, weil er die Rolle des Familienoberhaupts nicht mehr erfüllen konnte. Der Mann habe gefürchtet, deshalb an Ansehen zu verlieren.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft plante der Mann, die 27-Jährige in einem Linienbus zu töten, weil sie dort nicht mit einem Angriff rechnete. Mit der Attacke «ohne jegliche Vorwarnung» habe der Angeklagte seine Frau daher überrascht, kurz bevor sie aussteigen wollte.
Nach kurzer Flucht war der Mann von Ermittlern festgenommen worden. Die Frau kam lebensgefährlich verletzt in eine Klinik, die Ärzte konnten sie aber nicht mehr retten. Mit einem Urteil ist nach Angaben des Kemptener Landgerichts voraussichtlich Mitte Februar zu rechnen.
02.02.2021, 16:05 Uhr Lebenslange Haft für Mörder von Obergünzburg Es sei eine "öffentliche Hinrichtung" gewesen: Das Landgericht Kempten hat einen Mann zu lebenslanger Haft verurteilt, der seine Frau in einem Linienbus bei Obergünzburg erstochen hat. Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest.
Im Mordprozess von Obergünzburg hat das Landgericht Kempten das Urteil gesprochen: Das Gericht befand den 38-jährigen Angeklagten des Mordes schuldig und verurteilte ihn zu lebenslanger Haft, zudem stellte es die besondere Schwere der Schuld fest. Es folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Körperverletzung mit Todesfolge plädiert. Das Gericht sah in dem tödlichen Angriff des Afghanen auf seine Ehefrau in einem Linienbus bei Obergünzburg im Sommer 2020 eine "öffentliche Hinrichtung".
Urteilsbegründung: Ansehensverlust führt zu Mord Die 1. Strafkammer des Landgerichts Kempten war davon überzeugt, dass der Angeklagte sich infolge der Trennung seiner Ehefrau in seinem tradierten Rollenverständnis als Familienoberhaupt stark gekränkt sah und von einem Ansehensverlust innerhalb der afghanischen Gemeinde in Obergünzburg ausging. Außerdem kam die Kammer zu der Überzeugung, dass der Angeklagte imstande war, zwischen einer freiheitlich-demokratischen Werte- und Rechtsordnung und seinen eigenen tradierten Wertvorstellungen zu differenzieren. Trotzdem entschloss sich der Angeklagte laut Gericht wegen eines übersteigerten Besitzdenkens seine getrenntlebende Ehefrau zu töten.
Gericht sieht regelrechte öffentliche Hinrichtung Für das Gericht war das Mordmerkmal der Heimtücke bestätigt, da die Ehefrau des Angeklagten während der Fahrt in einem öffentlichen Nahverkehrsmittel nicht mit einem gegen ihr Leben gerichteten Angriff rechnete und somit wehrlos war. Daneben sah die Kammer das täterbezogene Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe als gegeben an. Sie wertete die Tat des Angeklagten als regelrechte öffentliche Hinrichtung und stellte aufgrund der Gesamtumstände die besondere Schwere der Schuld fest.
Mann ersticht seine Ehefrau im Linienbus Der 38-jährige Mann aus Afghanistan soll am 6. Juli vergangenen Jahres im Linienbus von Kempten nach Obergünzburg ohne Vorwarnung elf Mal auf seine Frau eingestochen und sie so getötet haben. Vor Gericht hat der Mann geschwiegen. Zeugen haben ihn im Prozess aber schwer belastet: Er soll vor der Tat gedroht haben, mit einem Messer „Hackfleisch“ aus seiner Frau zu machen.
Angeklagter lebt nach der Scharia Der psychiatrische Gutachter hatte dem 38-Jährigen am zweiten Verhandlungstag volle Schuldfähigkeit attestiert. Hinweise auf eine psychische Erkrankung habe es nicht gegeben. Dem Gutachter gegenüber soll der Angeklagte gesagt haben, es sei sein Recht gewesen, seine Frau zu töten. "Der Angeklagte lebt nach dem Scharia-Gesetz: Er ist das Familienoberhaupt, er ist der Herrscher, er verfügt über seine Frau und über seine Kinder", so der Psychiater. Die Scharia ist ein religiöses Werte- und Rechtssystem, das nach islamischem Verständnis als „göttliches Gesetz“ gilt.