Dienststelle: Kapo Thurgau / Kripo Konstanz Beamter im Studio: Oberleutnant Flanzer Tattag: 15./16. September 1969
Details: Am Montag, dem 22.09.1969 um 17:20 Uhr bergen Rettungskräfte bei Diessenhofen im Kanton Thurgau zwischen Konstanz und Schaffhausen eine männliche Leiche aus dem Hochrhein. Der Tote ist etwa 55 Jahre alt, voll bekleidet und nicht erkennbar verletzt. Bei der Leichenschau finden sich 120 DM, ein Schließfachschlüssel der Deutschen Bundesbahn in Konstanz und eine Schiffsrückfahrkarte von Konstanz nach Stein am Rhein in den Taschen des Toten. Ausweispapiere trägt er nicht bei sich. Die Polizisten vermuten zunächst, dass der Mann unglücklich aus dem Schiff gestürzt ist. Bei der Betrachtung der Uhr und der Fahrkarte ergeben sich allerdings Ungereimtheiten: Die wasserdichte Automatik-Uhr des Toten zeigte beim Auffinden des Toten das Datum 16.09. Aufgrund der Laufreserve von 24 Stunden muss jedoch davon ausgegangen werden, dass der Mann bereits am 15.09. gestorben ist. Die Schiffsfahrkarte wurde jedoch erst am 16.09. gelocht. Somit ergeben sich folgende Möglichkeiten: Entweder hatte der Mann seine Uhr falsch eingestellt und ist dann, ob mit oder ohne Fremdeinwirkung umgekommen, oder jemand hat nach seinem Tode noch an der Uhr herumgestellt. Dann jedoch erkennen die Beamten, dass der Mann stranguliert wurde und schließen Selbstmord oder ein Unglück fortan aus. Mithilfe des Gepäcks aus dem Schließfach und dem in Zürich gekauften Mantel findet die Polizei schnell seine Identität heraus. Es ist der 56-jährige Friseurmeister Josef L. aus Selbitz bei Hof. Zusammen mit einem Konstanzer Kollegen befragt ein Kantonspolizist aus Thurgau die Witwe des Friseurs. Diese erzählt, dass ihr Mann am 03.08. gegen halb elf Uhr abends beim gemeinsamen Fernsehen ohne jeglichen Anlass in die Schweiz aufgebrochen war; und das obwohl das Enkelkind des Ehepaars zu Besuch war, mit dem ein gemeinsamer Urlaub geplant war. Ein ähnliches Verhalten hatte der Ermordete schon einmal gezeigt, als er zum Kauf seines Mantels zu Pfingsten allein für 2-3 Tage in die Schweiz gefahren war. Die Witwe vermutet, dass ihr Mann nun bei seiner letzten Reise in die Schweiz am 3. August den letzten Bus nach Hof und dann die Bahn in die Schweiz genommen hat. Doch die einzige Auslandsfahrkarte, die an dem betreffenden Tage in Hof verkauft wurde, führte ohne Rückfahrt nach Innsbruck. Dort hat Josef L. jedoch in keinem Gasthof unter seinem Namen genächtigt. Seine Spur kann erst später wieder aufgenommen werden: Am 3. Tag nach seiner Abreise in Selbitz mietet L. unter Vorlage seines deutschen Passes ein Zimmer im Hotel "Stoller" in Zürich. Während der drei Tage seines Aufenthalts dort trägt er ständig plissierte Smoking-Hemden und eine Fliege zu einem Hellgrauen Anzug. Auch seine schwarz-weißen Schuhe fallen auf. Nach drei Tagen in Zürich kehrt der Friseurmeister nach Deutschland zurück. In Lindau am Bodensee wohnt er vier Tage lang im besten Hotel der Stadt, dem "Seegarten". Scheinbar grundlos wechselt er dann in die kleine Pension "Ruf" in Lindau. Dort bemüht er sich um ein besonders billiges Zimmer und kündigt an, etwa eine Woche zu bleiben. Wie schon auf seinen vorherigen Stationen ist unbekannt, was Josef L. tat, nachdem er jeden Morgen sehr früh seine Unterkunft verließ. Als er eines Tages in Lindau gute Bekannte aus seinem Heimatort auf der Straße trifft, geht er grußlos an der Familie vorüber. Am 19.08.1969 reist L. dann nach Konstanz weiter. Dort quartiert er sich im noblen "Deutschen Haus" ein. Auch hier verlässt er jeden Morgen sehr früh ohne Frühstück das Haus. Fast täglich fährt er außerdem mit dem Schiff auf die Insel Reichenau, wo er oft im Hotel "Schloss Königsegg" verkehrt. Obwohl er ohne Zweifel immer genug Geld mit sich führt, versucht er auf der Insel Reichenau erfolglos in zwei Friseurläden zwei seiner Haarscheren für 18 DM zu verkaufen. Nach 10 Tagen reist er dann wieder zurück nach Lindau. Dort bewohnt er den Gasthof "Zum Stift" für 10 Tage. Danach reist er wieder nach Konstanz, ins Hotel "Krone". Erneut besucht er fast täglich die Insel Reichenau und frühstückt im "Schloss Königsegg". Eines Abends erhält Josef L. einen Brief, den ihm der Nachtportier aushändigt. Der unbekannte Absender steht im Mittelpunkt des polizeilichen Interesses. Die Familienmitglieder des Ermordeten wussten zu diesem Zeitpunkt nämlich nichts von dessen Aufenthalt in dem Hotel. Möglicherweise stammt der Brief sogar vom späteren Mörder. Am Samstag, 13.09.1969 verabschiedet sich Josef L. beim Ober des "Schloss Königsegg" auf unbestimmte Zeit. Die Polizei ist sich nicht im Klaren darüber, ob er damit nur ablenken wollte. Anschließend kauft er sich eine Fahrkarte und kehrt trotz seiner Verabschiedung am nächsten Tag nochmals zurück. Am Morgen des 15.09. bezahlt Josef L. im Hotel "Krone" in Konstanz. Entgegen seiner bisherigen Gewohnheiten trägt er nun einen dunkelblauen Anzug mit Krawatte unter einem braunen Mantel. Auch die schwarz-weißen Schuhe trägt er nicht mehr. Ob der Ermordete nach dem Verlassen des Hotels selbst sein Gepäck ins Bahnhofs-Schließfach gestellt hat, konnte nicht ermittelt werden. Der ominöse Brief konnte dort jedenfalls, genau wie in seiner Kleidung, nicht gefunden werden. Allerdings findet sich im Gepäck in dem Schließfach ein feuchter Waschlappen, der weder Josef L., noch einem der Hotels gehört. Nachdem die Kripo das herausgefunden hat, ergibt der gerichtsmedizinische Bericht unerwartete neue Fakten. Der Ermordete hatte noch gelebt, als er ins Wasser gelangt war. Das Wasser in seiner Lunge stammt jedoch nicht aus dem Rhein, sondern aus der Wasserleitung. Außerdem wurden dem Mann schwere Verletzungen im Genitalbereich zugeführt, die auch nach seinem Tod noch schwere Blutungen nach sich gezogen haben müssen. Beides spricht dafür, dass Josef L. in einem geschlossenen Raum ermordet wurde. Der Täter muss das Opfer nach Ende der Blutung abgewaschen, angekleidet und in den Rhein geworfen haben, denn an der Kleidung des Opfers wurden keinerlei Blutspuren gefunden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Josef L. tatsächlich am 16.09. noch mit dem Schiff gefahren ist. Wahrscheinlich wurde ihm die Schiffsfahrkarte in die Tasche gesteckt, um die Polizei zu irritieren.
Zitate: „Er kann doch nicht als Leiche vom Schiff gefallen sein.“ / „Er dürfte mehrere Stunden stark geblutet haben, auch nach seinem Tode noch.“ Sprecher: Wolfgang Grönebaum
Darsteller: Jacqueline Bügler, Günter Claasen (auch Günter Claassen), Hans Faber, Hansjakob Gröblinghoff, Erwin Kohlund, Fred Tanner Belohnung: insgesamt 2.000 DM und 1.000 SFr Bewertung: *** Status: ungeklärt
Nachspiel
Werner Vetterli berichtet in der Folgesendung über neue Spuren und ist zuversichtlich, den Fall schnell zu lösen. Die Tat ist in der Schweiz mittlerweile verjährt, die Akte wurde bereits 1973 geschlossen. Alle Fragen sind nach wie vor offen. Die Kantonspolizei Thurgau schloss nicht aus, dass Josef L. im Homosexuellen-Milieu verkehrte Quelle: Ummenhofer, Stefan/Thaidigsmann, Michael: "Aktenzeichen XY ...ungelöst. Kriminalität, Kontroverse, Kult; S. 162-163".
Im Lauf einer Diskussion im Internetforum allmystery.de kamen durch die Recherche in Zeitungsarchiven einige Details zutage, die im Film entweder überhaupt nicht oder anders dargestellt wurden: Das Drosselungs-Werkzeug war eine Damenstrumpfhose, die noch um den Hals des Toten geschlungen war (Südkurier vom 24. September 1969). Die Vermutung, es könnte sich um einen Homosexuellen handeln, kam sehr früh auf (zwei Tage nach Auffinden der Leiche, also noch vor der Identifizierung). Ob die Vermutung auf der bloßen Leichenschau beruhte (Art der Genitalverletzung?) oder auf anderen Ermittlungen, geht aus dem Zeitungsartikel nicht hervor (Südkurier vom 25. September 1969). Bei den Habseligkeiten des Toten wurde ein Farbfilm gefunden und entwickelt, was aber nichts zur Klärung des Falles beitragen konnte (Thurgauer Zeitung vom 29. September 1969). Die Abreise des Josef L. aus Selbitz verlief nicht so grundlos und mysteriös wie in Aktenzeichen gezeigt. Als Auslöser wird vielmehr ein schon länger bestehender Streit mit der Ehefrau und den beiden erwachsenen Töchtern angenommen (Südkurier, wahrscheinlich vom 29. September 1969).
Die Strafbarkeit homosexueller Handlungen unter Erwachsenen wurden in der DDR 1968 und in der Bundesrepublik 1969 aufgehoben. Dennoch wurde homosexuelles Verhalten nicht befürwortet.
Von irgendwelchen Besuchen von Josef L. In den jeweiligen Spielbanken am Bodensee, gab es damals anscheinend keine Augenzeugen.
Außerdem wurden dem Mann schwere Verletzungen im Genitalbereich zugeführt, die auch nach seinem Tod noch schwere Blutungen nach sich gezogen haben müssen.
Homophobe Gewalt durch seinen Täter?
Auch nach über 50 Jahren ist es nicht ausgeschlossen, dass dieser Mord durch Zufall doch noch aufgeklärt werden könnte.