Datum: 06. Januar 2014 Autor: Katharina Hammermann
Vergewaltiger kommt nach Geständnis auf Bewährung frei
Das Trierer Landgericht hat einen 34-jährigen Mann zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Er hat gestanden, im Sommer in seiner Bitburger Wohnung eine 15-Jährige sexuell genötigt zu haben. Das Wichtigste passiert, noch bevor der Angeklagte - ein schmächtiger 34-jähriger Mann, blass von sechs Monaten Haft - den Raum des Landgerichts Trier betritt.
Denn Staatsanwalt Stephane Parent und Verteidiger Horst Büttner treffen sich in der Mitte des großen Saales und bereiten einen Deal vor: Wenn der Angeklagte die Tat gesteht und die jungen Zeuginnen nicht aussagen müssen, dann hat er die Aussicht, das Gericht als freier Mann zu verlassen. Büttner macht deutlich, dass das nicht sein Plan war - dass er lieber die Unschuld seines Mandanten beweisen würde. Er lässt sich dann aber doch darauf ein.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem aus Montenegro stammenden Mann, der zuletzt ohne Erlaubnis in Bitburg lebte, vor, ein 15-jähriges Mädchen sexuell genötigt und beischlafähnliche Handlungen an ihm vollzogen zu haben.
Parent zufolge trug sich in einer Bitburger Wohnung Anfang Juli 2013 Folgendes zu: Die 15-Jährige war mit ihrer jüngeren Schwester zu Besuch bei der 12-jährigen Tochter des Angeklagten und blieb über Nacht. Der 34-Jährige und ein weiterer Mann sollen ihr Alkohol und Zigaretten gegeben haben. Um 4.30 Uhr führte der Angeklagte die 15-Jährige laut Parent in die Küche, wo er sie berührte und zu sexuellen Handlungen zwang. Sie riss sich los. Er folgte ihr, hielt sie fest und drang mit dem Finger in sie ein - was juristisch als Vergewaltigung gilt. Erst als seine Tochter ihn dazu aufforderte, ließ der Mann von dem Mädchen ab.
Um sich ein Bild von der Persönlichkeit des Angeklagten zu machen, erforscht der Vorsitzende Richter Albrecht Keimburg mit Hilfe eines Dolmetschers den nicht eben geradlinigen Lebenslauf: Der Mann wurde 1979 als eines von sieben Kindern in einer kleinen Stadt in Montenegro geboren, der Vater war Fabrikarbeiter, die Mutter Hausfrau. Nach der Schule absolvierte er eine Schlosserlehre, betrieb dann aber einen Spielsalon, zerlegte Tiere, um auf dem Markt Trockenfleisch zu verkaufen und war zudem selbstständig mit einer Firma, die Zaungeländer baute. Obwohl seine Ehe schnell scheiterte und die Tochter bei ihm blieb, folgte er seiner Ex-Frau nach Luxemburg, wo er ihrer Schwester bei der Sanierung eines Hauses helfen sollte. Nachdem ein Versuch, die Beziehung wiederzubeleben gescheitert und der Asylantrag abgelehnt worden war, zog er mit seiner Tochter nach Bitburg zu Bekannten. Seit seiner Festnahme lebt die Tochter in einer Pflegefamilie - sieht ihren Vater jedoch spätestens heute wieder.
Denn nach seinem Geständnis hat er das Gericht am Montag tatsächlich als freier Mann verlassen - obwohl die Kammer überzeugt ist, dass sich alles so zugetragen hat, wie das Mädchen sagt. Das Urteil: zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung. Richter und Schöffen halten dem Mann zugute, dass er nie zuvor straffällig war, dass es sich um keine "klassische Vergewaltigung" handelte, er wenig Gewalt anwandte und auch, dass seine Tochter unter der Trennung leide. Mit ihr will er - wenn er nicht in Deutschland bleiben kann - nach Montenegro zurückkehren.