Youtuber steigt in stillgelegtes Krankenhaus ein und findet alte Akten
31.05.2020 14:09 1.275 Youtuber steigt in stillgelegtes Krankenhaus ein und findet alte Akten
Büren - Ein Youtuber hat eine verlassene Klinik in Büren bei Paderborn durchsucht, alte Patienten-Akten entdeckt und sie in einem Video veröffentlicht.
Damit löste er Ermittlungen der Polizei aus. Eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs sei aufgegeben worden, sagte ein Sprecher der Polizei am Sonntag. Kriminalbeamte würden jetzt ermitteln. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.
Das 23-minütige Video war am Freitag auf dem Youtube-Kanal "ItsMarvin" veröffentlicht worden. Darin ist unter anderem zu sehen, wie der Youtuber und mehrere Begleiter durch diverse Räume der alten Klinik laufen. Sie durchblättern Akten und finden offenbar auch Röntgenbilder. Bis zum Sonntagmittag hatte das Video fast 140.000 Aufrufe.
Bürens Bürgermeister Burkhard Schwuchow (CDU) bezeichnete es in einer auf der Stadt-Homepage veröffentlichten Stellungnahme als "in keinster Weise akzeptabel", dass "schützenwerte Personendaten aus Patientenakten des ehemaligen St. Nikolaus-Hospitals Büren einem unbefugten Zugriff" zugänglich gewesen seien.
Laut Angaben des Bürgermeisters wurde das Krankenhaus 2010 geschlossen. Seit 2005 sei es in privater Trägerschaft gewesen und davor in kirchlicher. Die Stadt sei nicht verantwortlich.
Das Gebäude sei vorerst abgesperrt worden. Die Räume mit den Akten seien zudem baulich gesichert geworden, so der Bürgermeister.
************************************************************************* *Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht* Mark Aurel *What goes arount - comes arount * Critical questioning never harms* *********************************************************************************** *Hervorhebung in Kommentaren durch den Verfasser *Äusserungen zu Fällen sind rein spekulativ*
Tja, alles hat immer 2 Seiten. Die Klinik steht seit 2010 leer, warum hat sich niemand um die Patientenakten gekümmert? Datenschutz hat niemand interessiert? Datenvernichtung auch nicht? Natürlich durfte er nicht einbrechen und die Akten schon gar nicht veröffentlichen. Aber darf man so mit Patientenakten verfahren? Wir schließen die Klinik und die Akten interessieren uns nicht mehr?
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In 25 Sekunden war der junge Mann drin. Die Akten liegen ungesichert in Regalen. Nicht verschlossen in Schränken, wie es sein müsste. Soviel zum Datenschutz! Da kommt was auf den privaten Träger zu.
Nachtrag Ich sehe eben, dass die noch mehr Akten gefunden haben, nicht nur die am Anfang gezeigten. Und diese befinden sich in Schränke, allerdings alles frei zugänglich!
Bezugnehmend auf die Videoveröffentlichung auf dem Youtube-Kanal "Its Marvin" möchte ich im Namen der Stadt Büren folgende Stellungnahme abgeben:
Die Tatsache, dass schützenwerte Personendaten aus Patientenakten des ehemaligen St. Nikolaus-Hospitals Büren einem unbefugten Zugriff wie im oben genannten Youtube-Video gezeigt, zugänglich sind, ist erschreckend, in keinster Weise akzeptabel und Anlass zu großer Sorge. Die Stadt Büren wird alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um diesen Zustand unmittelbar abzustellen.
Um anderslautende Meinungen von Vornherein zu begegnen, befand sich das St. Nikolaus-Hospital bis zum Ende des Jahres 2005 in kirchlicher und bis zu seiner Schließung im Jahr 2010 in privater Trägerschaft der Marseille Kliniken AG mit Sitz in Hamburg. Die Stadt Büren war somit für eine ordnungsgemäße Abwicklung des Krankenhausbetriebes nach Schließung des St. Nikolaus-Hospitals weder verantwortlich, zuständig noch berechtigt, über den Umgang und Verbleib der Patientenakten zu entscheiden.
Nach Bekanntwerden dieser Missstände bin ich gemeinsam mit dem Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Büren, Herrn Manuel Krenz unverzüglich tätig geworden. Das Ordnungsamt des Kreises Paderborn wurde ebenso eingebunden wie die Kreispolizeibehörde Paderborn. Gemeinsam wurde das weitere Vorgehen vor Ort abgestimmt. Die Polizeibehörde hat zusätzlich eine Strafanzeige aufgenommen sowie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Strafanzeige hat sich die Stadt Büren ausdrücklich angeschlossen.
Dass im Gebäude sensible Akten weder sachgerecht noch datenschutzkonform aufbewahrt wurden, war der Stadt Büren nicht bekannt. In den vergangenen Jahren haben sich vereinzelt ehemalige Patienten des St. Nikolaus-Hospitals bei der Stadt Büren gemeldet und sich nach dem Verbleib ihrer Akten erkundigt. In sämtlichen Fällen haben wir auf die Verantwortlichkeit der privaten Trägerin hingewiesen. Als Ansprechpartner wurde auf die Konzernleitung bzw. seinerzeit verantwortliche Mitarbeiter der Marseille Kliniken AG verwiesen.
Da diese Ansprechpartner am heutigen Samstag nicht erreichbar waren, wurde das Gebäude in Zusammenarbeit mit dem vom Eigentümer beauftragten Sicherheitsunternehmen unverzüglich abgesperrt. Des Weiteren wurden die Räumlichkeiten, in denen sich die Patientenakten befinden auf Veranlassung der Stadt Büren zusätzlich baulich gesichert, sodass zum jetzigen Zeitpunkt davon auszugehen ist, dass ein erneuter unbefugter Zugang zu den Patientenakten nicht möglich ist.
Ebenso hat die Stadt Büren zusätzliche Kontrollen durch örtliche Sicherheitsunternehmen beauftragt. Diese werden uneingeschränkt fortgeführt bis eine rechtssichere Lösung mit dem Umgang der Patientenakten gefunden wurde.
Die Stadt Büren hat in diesem Augenblick alles veranlasst, um die Sicherung dieser sensiblen Daten zu gewährleisten.
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass ein unbefugtes Betreten des gesamten Gebäudekomplexes strafrechtlich verfolgt werden kann.
Niemand fühlte sich zuständig. Erst nachdem der Youtuber es ans Licht gebracht hat, wird etwas unternommen und nun geht es auf einmal ganz schnell. Danke für die Berichte @MissMill
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Im Aktenskandal des ehemaligen Bürener St. Nikolaus-Hospitals spricht jetzt erstmals auch der damalige Chefarzt. Im exklusiven Radio Hochstift-Gespräch sagt Ingo Klemens wörtlich: „Das hat mich schockiert.“
Von 2006 bis zur Schließung des Krankenhauses im Jahr 2010 war Klemens Chefarzt im Bürener Hospital. Deshalb sagt er auch heute noch: „Das Bürener Krankenhaus war immer ein Stück weit auch mein Krankenhaus.“ Über die bis heute im Krankenhaus liegenden Patientenakten sei er „schockiert“.
Er empfinde es auch als peinlich, auch wenn er selbst nicht verantwortlich sei. In den vergangenen Jahren hätten sich mehrfach Patienten und Medizinerkollegen mit dem Wunsch eine alte Krankenakte zu erhalten, bei ihm gemeldet. Klemens habe immer an die Marseille-Kliniken verwiesen. Mittlerweile arbeitet er in der Bad Lippspringer Karl-Hansen-Klinik.
02.06.20 Wie geht’s weiter nach dem Datenskandal in Büren?
Nachdem der YouTuber Marvin am Pfingstwochenende offen zugängliche Krankenakten in einem verlassenen Bürener Krankenhaus gefilmt hat, will die Stadt reagieren und die Akten sichern. Außerdem will sie am Dienstag (02.06.2020) klären, wer für den Aktenskandal verantwortlich ist.
Bürens Bürgermeister Burkhard Schwuchow sagte dem WDR, die Stadt werde dafür sorgen, dass die Patientenunterlagen woanders sicher aufbewahrt werden. Nach Erscheinen des YouTube-Videos habe das Ordnungsamt die Archivräume am Samstag (30.05.2020) bereits verbarrikadiert, so der Bürgermeister.
Die Stadt Büren will die tausenden Patientenakten aus dem leerstehenden Krankenhaus beschlagnahmen. Der YouTuber hatte aufgedeckt, dass die Unterlagen nicht ausreichend gesichert waren. Das Video hat inzwischen über 270.000 Klicks.
Das verwahrloste Gebäude gehört der Marseille-Klinikgruppe mk-Kliniken. Die frühere Betreiberfirma gehörte ebenfalls zu dem Krankenhauskonzern, ging aber pleite. Die Klinikgruppe schiebt die Verantwortung von sich. In einer Stellungnahme schreibt das Unternehmen: "Bis zum Aufkommen des Videos durch den Blogger war nicht bekannt, dass dort in dem Gebäude überhaupt noch Krankenakten lagen." Außerdem heißt es, der Insolvenzverwalter habe sich um die ordnungsgemäße Lagerung der Akten kümmern müssen.
Im Gespräch mit dem WDR erklärte der Insolvenzverwalter, Norbert Westhoff aus Bielefeld, die Verantwortung für die Patientenakten hätten die Betreibergesellschaft oder die Ärzte. Er verweist darauf, dass die Immobilie einer Tochtergesellschaft der mk-Kliniken gehöre.
Darüber hinaus erhebt die Klinikgruppe Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung. Sie sei schon vor Wochen auf die Missstände hingewiesen worden. Offensichtlich habe sie aber nicht reagiert, auch die Klinikgruppe als Eigentümer zu informieren.
Die Stadtverwaltung weist die Vorwürfe zurück. Weder Eigentümer, Sicherheitsdienst noch Polizei hätten die Verwaltung informiert, so Bürgermeister Burkhard Schwuchow. Die Verwaltung habe über Gespräche in der Stadt von Missständen erfahren; aber auch dass das dem Eigentümer bekannt war. Mehrfach sei über den Hausmeisterservice und den Sicherheitsdienst der Zugang unterbunden worden, so Schwuchow. Anzeige gegen YouTuber Jetzt wird wegen Hausfriedensbruch gegen den YouTuber Marvin ermittelt. Am Dienstagmorgen (02.06.2020) war die Kriminalpolizei zur Spurensicherung vor Ort, so die Polizei Paderborn. Marvin sieht das gelassen, kritisiert aber das Verhalten: "Ich hätte mir von der Stadt gewünscht, dass die Stadt vielleicht sagt: 'Okay es ist nicht unser Gebäude, aber wir stehen dafür gerade. Wir lassen die Akten einlagern und damit ist die Gefahr gebannt.' Für die Stadt kam als erstes in Frage zu sagen: 'Der YouTuber, der da drin war, der braucht jetzt ne Anzeige.'" Die Polizei ermittelt von Amts wegen gegen Marvin. Weder die Stadt Büren, noch der Eigentümer der Klinik erstatteten Anzeige gegen den Filmemacher.
Zitat Um anderslautende Meinungen von Vornherein zu begegnen, befand sich das St. Nikolaus-Hospital bis zum Ende des Jahres 2005 in kirchlicher und bis zu seiner Schließung im Jahr 2010 in privater Trägerschaft der Marseille Kliniken AG mit Sitz in Hamburg.
... schreibt die Stadt Büren.
ZitatDarüber hinaus erhebt die Klinikgruppe Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung. Sie sei schon vor Wochen auf die Missstände hingewiesen worden. Offensichtlich habe sie aber nicht reagiert, auch die Klinikgruppe als Eigentümer zu informieren.
Sie geben ja zu, dass sie Eigentümer sind! Demnach sind sie verantwortlich gewesen, sich um die Patientenakten zu kümmern.
ZitatDie Klinikgruppe schiebt die Verantwortung von sich. In einer Stellungnahme schreibt das Unternehmen: "Bis zum Aufkommen des Videos durch den Blogger war nicht bekannt, dass dort in dem Gebäude überhaupt noch Krankenakten lagen."