Mord noch immer unaufgeklärt: Vor 27 Jahren wurde Fritz Gotthard in Dietges erschlagen DIETGES Der 12. Dezember 1992 ist ein kalter Morgen in der Rhön. In der Nacht gab es Eisregen. Es ist die Nacht, in der sich in Dietges am Fuß der Wasserkuppe ein grausamer Mord zugetragen hat. Bis heute ist nicht klar, wer den damaligen Küster Fritz Gotthard erschlagen hat. Er wurde aus seiner brennenden Wohnung geborgen. Von unserem Redaktionsmitglied Daniela Petersen
Fritz Gotthard ist 77, als er in seiner Wohnung in Dietges brutal erschlagen wird. Der Rentner wird als friedlich und ruhig beschrieben, ein umgänglicher Mensch, der mit jedem gut auskommt. Er hat drei Kinder, die im südhessischen Raum lebten. Seit vier Jahren ist er Witwer.
Nachbar erzählt 27 Jahre später
„Mittags ging er häufig nach Eckweisbach zum Mittagstisch für Senioren“, erinnert sich Gerhard Ciré 27 Jahre später. Der heute 66-Jährige wohnt im Nachbarhaus. Er kannte Fritz Gotthard – so wie alle in Dietges. „Er war unser Küster und hat mit jedem gesprochen. Dietges ist ein kleiner Ort. Hier kennt jeder jeden“, sagt Ciré und erzählt, dass Gotthard seine Wohnung damals von der Gemeinde gemietet hatte, und dass auch Feuerwehrgeräte in dem Gebäude untergebracht waren.
An den 12. Dezember 1992 kann sich Ciré noch gut erinnern. „Frühmorgens ging die Sirene, weil in dem Haus von Fritz Gotthard ein Brand ausgebrochen war.“ Die Fuldaer Zeitung schrieb damals davon, dass das Feuer von einem Mann gegen 7.15 Uhr entdeckt wurde, der auf dem Weg zur Arbeit war. Er soll die Feuerwehr verständigt haben.
Unglück entpuppt sich als Kapitalverbrechen
Als die Kameraden eintreffen, steht die Haustür offen, die Räume sind verqualmt, und der 77-jährige Rentner liegt mit schweren Kopfverletzungen in einem Nebenraum zur Küche. Was zunächst wie ein tragisches Unglück aussieht, entpuppt sich bei der Obduktion als Kapitalverbrechen: Fritz Gotthard wurde mit einem kantigen Gegenstand getötet. „Mit ganz erheblicher Wucht muss der Unbekannte dem alten Mann fünf Schläge auf den Kopf versetzt haben“, schreibt die Fuldaer Zeitung damals. Von dem Tatwerkzeug fehlt jede Spur. Ein Motiv ist nicht erkennbar. Und gesehen hat niemand etwas.
Kriminalpolizei steht vor einem Rätsel
„Warum der 77-Jährige sterben musste, ist für die Kriminalpolizei ein Rätsel. Es gibt keine Anhaltspunkte für einen Raubmord, da am Tatort nichts durchwühlt war, und die Beamten auch Geld vorfanden“, heißt es in dem Bericht der FZ. Am Abend zuvor soll Gotthard bis 21 Uhr bei einer älteren Dame in der Nachbarschaft zu Gast gewesen sein, um die er sich regelmäßig gekümmert hat.
Auch der Brand wirft Fragen auf: Wurde das Feuer extra gelegt? Oder ist einfach nur der Adventskranz abgebrannt und hat sich entzündet? Die Polizei geht jedenfalls davon aus, dass der Schwelbrand schon seit Mitternacht im Gange war.
Akten werden regelmäßig hervorgeholt
Bis heute konnte kein Täter ermittelt werden. Im Ort gab es nach der Tat Verdächtigungen gegen einen Mann, der zugezogen war. Doch Beweise gibt es keine. „Wir hatten keinen konkreten Tatverdacht. Den Hinweisen wurde nachgegangen, auch um Tatverdächtige auszuschließen“, erklärt Polizeipressesprecher Dominik Möller heute, fast drei Jahrzehnte nach dem Vorfall. Ein Ansatz für eine Anklage habe sich nie ergeben.
„Der Fall ist nicht in Vergessenheit geraten. Mord verjährt nie. Akten von solchen Fällen werden in unregelmäßigen Abständen herausgeholt, und es wird geprüft, ob sich etwas Neues ergeben hat. Eine sogenannte Cold-Case-Abteilung haben wir allerdings nicht“, sagt Möller. Die Ermittlungsarbeit sei durch den Brand und die Löscharbeiten erschwert gewesen, weil Spuren dadurch vernichtet worden waren. „Das Spurenbild war sehr schlecht.“
Inzwischen ist in dem Haus eine Mietwohnung. Gerhard Ciré denkt manchmal noch an den Küster: „Aber langsam gerät die Tat in Vergessenheit. Vor ein paar Jahren wurde noch ein Jahrtagsamt in der Kirche für ihn gehalten. Es ist schlimm, dass nie ein Täter gefasst wurde.“