"Das schnellste deutsche Asylverfahren lehnt bis zu 1400 Anträge in der Minute ab", dazu das Foto eines Maschinengewehrs: Solche Hasspostings müssen Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter oder YouTube künftig dem Bundeskriminalamt (BKA) melden. Auf entsprechende Änderungen im Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) haben sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geeinigt. Auf Unterstützung der Innenminister der Länder können sie dabei zählen, sie haben sich am Freitag ebenfalls für ein entsprechendes Meldeverfahren ausgesprochen.
Laut Entwurf müssen die Anbieter Hakenkreuz-Postings, Morddrohungen, volksverhetzende Inhalte und vieles mehr melden. Löschen allein reicht nicht mehr aus. Die Plattformbetreiber müssen zudem an das BKA die Daten weitergeben, die es ermöglichen, anonyme Hetzer zu ermitteln: die IP-Adresse und Portnummer.
Technischer Hintergrund dieser Entscheidung: Erst zusammen mit der Portnummer gibt eine öffentliche IP-Adresse (also jene, die Facebook oder ein anderer Dienst sehen kann) Aufschluss über das tatsächliche Endgerät. Denn Internetprovider vergeben Teilnehmern in einem Netzwerk, beispielsweise in einem Unternehmen, oft die gleiche öffentliche IP-Adresse.
Bund hofft auf Schwerpunktstaatsanwaltschaften
Soziale Netzwerke, die ihre Meldepflicht systematisch vernachlässigen, sollen mit einem Bußgeld bestraft werden. Anders als angedacht, sollen die Anbieter allerdings keine bloßen Beleidigungen an das BKA melden müssen. Hier soll es dabei bleiben, dass diese nur verfolgt werden, wenn die Betroffenen selbst Anzeige erstatten.
In Berlin rechnet man trotz dieser Einschränkungen mit einer Flut von Meldungen durch Facebook und Co. Die Bundesregierung hofft darauf, dass die Länder Schwerpunktstaatsanwaltschaften mit den Anklagen gegen die Hetzer betrauen. "Das erfordert spezialisierte Ermittler ", warnt Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU). "Stellen für neues Personal zu beschaffen ist fast immer aufwendiger, als neue Gesetze zu beschließen."
Bisher mussten die Anbieter nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz nur rechtswidrige Beiträge entfernen, auf die sie hingewiesen wurden, und diese nicht an die Behörden weiterreichen. Nach eigenen Angaben verzeichnete allein Twitter im ersten Halbjahr rund 470.000 Beschwerden von Nutzern in Deutschland über dubiose Beiträge. Knapp 45.000 Tweets wurden gelöscht oder gesperrt.
Bei YouTube waren es insgesamt rund 300.000 Beschwerden nach dem NetzDG, davon kam ein Drittel von Beschwerdestellen wie Jugendschutz.net. Die Google-Tochter löschte daraufhin knapp ein Viertel der gemeldeten Inhalte.
Bei Facebook ging im selben Zeitraum nur eine dreistellige Zahl von Beschwerden nach dem NetzDG ein, zu insgesamt 1050 Inhalten. Von denen löschte Facebook 349.
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