Christian aus Krems wird seit zwei Jahren vermisst
Bild: LPD Niederösterreich Der junge Mann verließ am 5. Dezember 2017 die Wohnung seiner Mutter, kam nie wieder nach Hause und wurde auch nicht wieder gesehen. Seit knapp zwei Jahren sucht das Landeskriminalamt, Gruppe Fahndung, bereits nach Christian H. Der junge Mann hatte am 5. Dezember 2017 22-jährig die mütterliche Wohnung in Krems verlassen.
Laut Polizei habe er nur Zigaretten holen wollen, sei seither aber wie vom Erdboden verschluckt.
"Er hatte weder Ausweis, Handy noch eine größere Bargeldsumme bei sich", berichtet Polizei-Sprecher Johann Baumschlager. "Es gibt leider nichts Neues, wir hoffen, dass sich mit einer neuerlichen Veröffentlichung etwas ergibt", sagt er auf "Heute"-Nachfrage.
Christian H. ist 183 cm groß, schlank, hatte zum Zeitpunkt des Verschwindens kurze, blonde Haare und war mit einer schwarzen Jacke, dunkler Jogginghose, Turnschuhen und einer weißen Baseball-Kappe bekleidet.
Hinweise werden an das Landeskriminalamt Niederösterreich unter Tel-Nr. 059 133 30 – 3333 oder an jede andere Polizeidienststelle erbeten.
Vermisstenfall Christian Hohl: Der verlorene Sohn aus Krems
Er wollte nur schnell Zigaretten holen und kam nie wieder zurück. Von dem jungen Mann gibt es seit fast drei Jahren keine einzige Spur.
von Yvonne Widler
06.09.2020
Der 4. Dezember 2017 ist ein kalter Tag. Schneeregen prasselt auf die unruhige Wasseroberfläche der eisigen Donau. Der 20-jährige Christian Hohl wacht an diesem Montag erst um 11 Uhr am Vormittag auf und setzt sich verschlafen zu seiner Mutter ins Wohnzimmer, die ihm augenblicks eine Jause zubereitet.
Ein paar Stunden später kommt Christians bester Freund, Kevin Gruber*, zu Besuch. Sie plaudern ein bisschen, rauchen gemeinsam eine Zigarette auf dem Balkon. Christian Hohl reicht ihm seine Bankomatkarte und bittet ihn, 700 Euro von seinem Konto abzuheben. Er sei zu faul, um selbst zu gehen.
Kevin Gruber stellt keine Fragen, sondern besorgt rasch den Betrag für seinen Freund und kommt zurück. „Es war ungefähr 18 Uhr, der Supermarkt hatte noch offen“, erzählt Gruber. Da beide an diesem Tag nichts anderes mehr vorhaben, verabreden sie sich auch wieder für den späten Abend. „Wir wollten ein bisschen Alkohol trinken und FIFA auf der Playstation zocken.“
Gruber verließ die Wohnung in Krems-Mitterau schließlich gegen 19 Uhr und traf sich mit seiner Freundin. Es kam zum Streit mit ihr, sodass er sich erst gegen 23.30 Uhr wieder in der Wilhelm-Gause-Gasse 6, wo Christian Hohl gemeinsam mit seiner Mutter Carmen Hohl lebte, einfand. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits die Polizei vor dem Haus. Die Mutter schrie aufgelöst und heulend nach ihrem Sohn.
Zigaretten um 700 Euro?
Zwei Stunden zuvor hatte Christian Hohl in Jogginghose, Sportschuhen und Jacke die Wohnung verlassen, um zum fünf Minuten entfernten Zigarettenautomaten zu gehen. „Als er nach zwei Stunden noch immer nicht zurück war, habe ich Panik gekommen“, erzählt seine Mutter.
Nach KURIER-Recherchen soll er seinen Wohnungsschlüssel, die Bankomatkarte, sein neues iPhone und die besagten 700 Euro dabei gehabt haben. „In seinem Zimmer lag nur ein altes Handy, das er schon länger nicht mehr benutzt hatte“, sagt Carmen Hohl.
Zwei Wochen nachdem der junge Kremser als vermisst gemeldet worden war, griff das Landeskriminalamt Niederösterreich den Fall auf. „Christian Hohl hat eher zurückgezogen gelebt. Es gibt seitdem keine einzige Spur von ihm“, sagt Ermittler Josef Simhandl.
Auch Auslandserhebungen in Rumänien wurden durchgeführt, da dort Verwandte der Familie leben. „Die Spielekonsole, über die er im Internet war, wurde ebenso ausgewertet. Es haben sich überhaupt keine Anhaltspunkte ergeben“, sagt Simhandl.
Große Veränderungen
Dieser Vermisstenfall wirft so einige Fragen auf, die vordringlichste: Wer ist Christian Hohl? Auf den ersten Blick war er ein unscheinbarer, schüchterner junger Mann, der im Alter von 11 Jahren seinen Vater verloren hat. Von da an gab es nur noch die Mutter, die selbst mit ihrem Leben und ihrer Psyche zu kämpfen hatte.
Und es gab die Drogen. Seit dem frühen Teenager-Alter konsumierte er regelmäßig Cannabis, im Jahr 2015 erlitt er nach der Einnahme von Ecstasy-Tabletten eine drogeninduzierte Psychose, wodurch sich seine Persönlichkeit veränderte.
Er zog sich zurück, reduzierte seine sozialen Kontakte drastisch und verbrachte immer mehr Zeit zuhause vor der Playstation und im Internet. Die Lehre zum Bodenleger hat er nach einem Jahr abgebrochen, die Lehre zum Maler und Anstreicher bereits nach zwei Wochen.
Um festzustellen, ob Christian Hohl arbeitsfähig war und in welchem Ausmaß ihm Sozialleistungen zustanden, wurden im Jahr 2016 mehrere medizinische Gutachten über ihn erstellt. „Das Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit scheint bei entsprechender Unterstützung wahrscheinlich“, heißt es in einem Schreiben.
Dunkle Spuren: Ermittler Simhandel über die aktuelle Ermittlung
Pläne für die Zukunft
Im Jahr 2017, dem Jahr seines Verschwindens, besuchte ihn regelmäßig eine Psychologin des Kremser Psychosozialen Dienstes, die aufgrund der Verschwiegenheitspflicht nicht mit dem KURIER reden darf. Was man aber weiß: Sie konnte einen guten Draht zu Christian Hohl aufbauen und sein Vertrauen in sich selbst wieder stärken.
Er hätte der Frau vertraut, sagt seine Mutter. Er hätte zuletzt sogar von einer eigenen Wohnung gesprochen und Pläne für die Zukunft geschmiedet. Den Ermittlern gegenüber gab die Psychologin zu Protokoll, dass bei Christian Hohl zum Zeitpunkt des Verschwindens keine suizidalen Tendenzen erkennbar gewesen wären.
Dass der junge Mann seinem Leben ein Ende gesetzt hat, ist für Ermittler Simhandl aber durchaus eine Option. „Wir nehmen an, dass er entweder Suizid begangen hat oder dass er Opfer eines Verbrechens geworden ist, wir können beides nicht ausschließen“. Bei ersterem denkt Simhandl an die Donau, an der Krems liegt.
Dunkle Spuren: Wie sich eine Leiche in der Donau auflöst
„Wenn Sie in diesem Fluss ertrinken, dann bleibt der Körper zunächst unten. Bei sehr kaltem Wasser kann das lange dauern“, erklärt der Kremser Feuerwehrkommandant Gerhard Urschler und spricht von mehreren Wochen. In dieser Zeit gleite der Leichnam am Grund der Donau umher, wo Schotter und Steine mit großer Gewalt auf ihn treffen.
Schließlich würde der Körper dadurch Stück für Stück zerbröseln. „Den finden Sie vermutlich nie wieder.“ Ist Christian Hohl an diesem Abend vor lauter Verzweiflung in die kalte Donau gesprungen? Es wäre zumindest eine Erklärung dafür, dass bisher kein Leichnam gefunden wurde. Doch sein nahes Umfeld will daran überhaupt nicht glauben.
Dunkle Spuren: Christians Mutter erinnert sich an ihren Sohn
Gefährliche Kontakte
Monika Dvorak*, eine Freundin des Vermissten, ist sicher, dass das Drogenmilieu mit seinem Verschwinden zu tun hat. „Solche Menschen dürfen einfach nicht so tief in das Ganze hineinrutschen, weil sonst sind sie weg.“
Dvorak habe im Jahr 2017 erfahren, dass Christian Hohl Cannabis nicht nur konsumiert habe, sondern auch Dealerei betrieben hätte. Außerdem erzählt sie, dass er gerne in Wettbüros ging. Sie verwendet sogar das Wort Spielsucht. Dvorak hält ein Verbrechen nicht für abwegig. „Niemand hier tut das.“
Kevin Gruber hingegen vermutet seinen Freund im Ausland. „Er ist sicher in Deutschland bei seinen Zockerfreunden.“ Damit meint Gruber die jungen Männer, mit denen der Vermisste über das Playstation Netzwerk regelmäßig gespielt hat, die allesamt aus dem Nachbarland stammen.
An einen dieser Mitspieler war Christian Hohls letzte uns bekannte Nachricht gerichtet. Geschrieben am Nachmittag des 4. Dezember 2017:
„Ich habe bis 6 Uhr Zeit und muss dann etwas erledigen.“
Wenn Sie Hinweise zum Verschwinden von Christian Hohl haben, dann schreiben Sie uns bitte eine Mail an dunklespuren@kurier.at oder wenden Sie sich direkt an das niederösterreichische Landeskriminalamt unter 059 133 30 3333.
„SPURLOS“ Wollte Zigaretten holen: Mann seit 2017 vermisst
Im Dezember 2017 ist in Krems ein junger Mann spurlos verschwunden. Der damals 20-jährige Christian Hohl wollte nur kurz Zigaretten holen gehen, kehrte aber nicht mehr zurück. Er lebte sehr zurückgezogen und hatte nur wenige soziale Kontakte.
Am 4. Dezember 2017 verließ der damals 20-jährige Christian Hohl die Wohnung in Krems-Mitterau, in der er gemeinsam mit seiner Schwester und seiner Mutter lebte, und verschwand spurlos. Josef Simhandl, Leiter der Fahndungsgruppe des Landeskriminalamtes Niederösterreich, schildert: „Es war in den Abendstunden, laut seiner Mutter wollte er nur schnell Zigaretten holen. Er hat die Wohnung verlassen und wurde nicht mehr gesehen.“
Fraglich ist, welche Richtung der damals 20-Jährige einschlug. Es gibt keine Zeugen, die ihn beim Zigaretten holen sahen. „Die Wohnung befindet sich in Krems-Mitterau, etwa 500 Meter von der Donau entfernt“, sagt der Ermittler.
Drogen und psychische Probleme Über den Vermissten ist nicht viel bekannt. Der junge Mann soll früher Drogen konsumiert haben, weshalb er an psychischen Problemen litt. Er verließ kaum die Wohnung, traf sich auch mit niemandem und legte alle Kontakte in den sozialen Medien still. Erst nach mehreren Therapien ging es ihm offenbar besser.
Selbstmordgedanken soll er zuletzt nicht gehabt haben. „Eine psychosoziale Betreuerin hat ihn dann wieder an das Leben herangeführt“, so Simhandl. „Sie hat ein Konto für ihn eingerichtet, hat geschaut, dass er soziale Unterstützung bekommt und er hatte dann auch wieder ein Handy, hat sich eine Spielekonsole besorgt und wieder begonnen mit der Außenwelt zu kommunizieren.“
„Bei diesem Fall ist alles offen“ Die Polizei suchte alles ab, vom Keller bis zum Dachgeschoß. Ohne Erfolg. Entlang der Donau suchte die Polizei sogar mit Hilfe der Hundestaffel. Auch die Befragungen brachten die Ermittler nicht weiter. Für die Polizei sind im Vermisstenfall Christian Hohl alle Szenarien denkbar. „Wir können bei diesem Fall gar nichts ausschließen – weder einen Unfall, noch einen Selbstmord, noch ein Verbrechen. Bei diesem Fall ist alles offen und wir haben keinerlei Erkenntnisse was wirklich passiert ist.“
Christian Hohl war zum Zeitpunkt seines Verschwindens mit einer schwarzen Jacke, einer dunklen Hose, Turnschuhen und einer weißen Baseballkappe bekleidet. Die Polizei bittet um Hinweise. „Sollte jemand am 4. Dezember 2017 in den Abendstunden in Krems-Mitterau Wahrnehmungen gemacht haben, den Vermissten gesehen oder mit ihm Kontakt gehabt haben, dann ersucht die Polizei dringend darum, diese Informationen an uns weiterzugeben“, heißt es. Hinweise nimmt das Landeskriminalamt Niederösterreich entgegen.