Sabine Weidemann 14.10.2019 - 09:27 Uhr 14.10.1999, Mord im Hügelland: Ein junger Mann enthauptete einen Rentner mit einem Highlander Schwert.
Hattingen. 20 Jahre ist der Mord in Hattingen her, bei dem ein 23-Jähriger im Wahn seinen Nachbarn enthauptete. Das wurde aus den Angehörigen und dem Täter.
Der 14. Oktober 1999 war der Tag, der das Leben von Eva Dietz, ihrer Schwester Karola Raguse und ihrer Familie für immer veränderte. Es war der Tag, an dem ihr Vater brutal ermordet wurde – vom damals 23-jährigen Nachbarn. Noch heute leidet die Familie unter der Tat. Der Täter ist unterdessen längst wieder frei. Erinnerung an das Verbrechen bewahren
20 Jahre ist der Tag her, an dem Benedikt T. seinen Nachbar Friedrich Uebelgünn erschlug und enthauptete. „Aber es ist noch wie gestern“, sagt Karola Raguse. Jedes Jahr erinnert die Familie an den schrecklichen Tod des Vaters, legt Blumen am Kreuz ab, das sie auf der Wiese in Oberstüter errichtet haben. „Dieses Verbrechen darf nicht in Vergessenheit geraten“, sind sich die Schwestern einig.
Unterbringung in der Psychiatrie laut Gesetz
Benedikt T. wurde im März 2000 nach Paragraf 63 des Strafgesetzbuches verurteilt. Das sieht vor, dass jemand, der schuldunfähig oder vermindert schuldfähig ist, in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wird, wenn er eine erhöhte Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.
Einmal im Jahr wird überprüft, ob die Voraussetzungen dafür weiter gegeben sind. Nach sechs Jahren kann die Maßregel nur fortgesetzt werden, wenn eine erhöhte Gefährlichkeit besteht. Nach zehn Jahren Unterbringung gilt die Maßregel als erledigt, es sei denn, es besteht weiter die Gefahr von Straftaten, erklärt Staatsanwältin Elke Hinterberg.
Entlassen wurde Benedikt T. nach Paragraf 67d, Absatz 6, des Strafgesetzbuches: „Stellt das Gericht fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt.“
Die Familie von Benedikt T. hatte das Elternhaus der beiden gekauft. Vater Friedrich Uebelgünn wohnte dort im Obergeschoss. Dass von dem jungen Nachbarn eine Gefahr ausging, das hatte niemand vermutet. „Er hat meinem Vater sogar immer geholfen“, erinnert sich Eva Dietz. Viele nannten ihn Highlander
Bis zu dem Tag, als er in Streit mit seinem eigenen Vater geriet. „Eigentlich hatte er es auf ihn abgesehen. Aber der konnte weglaufen“, sagt Karola Raguse bitter. Ihr 86-jähriger Vater hatte keine Chance zu fliehen, als der junge Mann im Wahn mit einem Deko-Schwert auf ihn losging.
Durch massive Gewalteinwirkung auf den Kopf, nicht einen einzigen Schlag oder Sturz, sei das Opfer gestorben, erklärte Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke wenige Tage nach der Tat. Benedikt T. enthauptete den Rentner und lief den Polizeibeamten mit dem aufgespießten Kopf entgegen. „Highlander“ wurde er deshalb von vielen genannt. Haschisch als Ursache der Psychose
Den Ermittlern gegenüber sprach er davon, „das Schwarze ausgelöscht“ und „das Gute in der Welt verteidigt“ zu haben. Eine schwere Psychose wurde bei ihm später diagnostiziert, Benedikt T. für nicht schuldfähig befunden. Deshalb erhob die Staatsanwaltschaft auch keine Anklage, wie die damals zuständige Dezernentin der Staatsanwaltschaft Elke Hinterberg erklärt.
Vor Gericht musste der Täter trotzdem. Das urteilte: Auf nicht absehbare Zeit wird der 23-Jährige in der Psychiatrie untergebracht. Etwa 15 Jahre wurde Benedikt T. in der geschlossenen Einrichtung behandelt. „Sein Fall ist ein besonders abschreckendes Beispiel für Haschischkonsum“, sagt Elke Hinterberg. Die Droge sei als Ursache für die Psychose ausgemacht worden. Täter gilt nach 15 Jahren als therapiert
Jedes Jahr wurde sein Fall erneut geprüft. Das Gericht musste immer wieder darüber befinden, ob von dem Täter noch eine Gefahr für andere ausgeht. Immer wieder wurde das bejaht. Auch externe Gutachter wurden dazu gehört, berichtet Hinterberg.
Nach 15 Jahren dann entschieden Therapeuten, Gutachter und Richter, dass Benedikt T. erfolgreich therapiert sei. „Er lebt auch heute noch in einem geschützten Rahmen“, sagt die Staatsanwältin über den inzwischen 43-Jährigen. Eingesperrt ist er nicht mehr, er darf sich wieder frei bewegen.
Die Angehörigen des Opfers werden sich immer an den schrecklichen Tag im Oktober erinnern – aber auch an Friedrich Uebelgünn, den beliebten Mann aus Oberstüter. An sein Engagement in Vereinen und als Schiedsmann. Als den, der immer am Wahltisch gesessen hat. An den Friedrich Uebelgünn, der „keine Feier ausgelassen hat“.