Doppelmord: Das sagt der Chefermittler drei Monate nach "Aktenzeichen XY" 30.04.19 07:00
Menden - Knapp drei Monate nach der Thematisierung des ungelösten Mendener Doppelmordes an Marion Hesse (35) und ihrem Sohn Tim (2) aus dem Jahr 1989 in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" lebt die Hoffnung auf Aufklärung des Verbrechens.
Das hat Kriminalhauptkommissar Ralf Eickler von der Mordkommission Hagen im Gespräch mit unserer Redaktion zum Ausdruck gebracht.
Mutter und Sohn waren am 27. Januar 1989 bei einem inszenierten Unfall - mutmaßlich bewusstlos und von den Tätern angeschnallt - qualvoll in ihrem Auto verbrannt. Nachmittags hatten sie sich noch mit dem Familienvater in Dortmund getroffen.
Am 6. Februar 2019 war Ralf Eickler im ZDF-Studio in München zu Gast gewesen. Nach der Ausstrahlung des fast 20 Minuten langen Beitrages über den schrecklichen Doppelmord sprach er live mit Moderator Rudi Cerne über den Stand der Ermittlungen und die Hoffnungen, die mit der TV-Präsenz mehr als 30 Jahre danach verbunden waren und sind.
Hier können Sie die "Aktenzeichen XY"-Sendung sehen (Mordfall Hesse: Beginn bei Minute 3:55, Ende bei Minute 29:00)
Der Filmbeitrag war bewusst emotional inszeniert worden, um mögliche Mitwisser oder gar die Täter selbst (mutmaßlich zwei bis drei mit guten Ortskenntnissen) dazu zu bringen, ihr Gewissen zu erleichtern. Zusätzlich war für Hinweise ein Vertrauenstelefon geschaltet worden. Und noch immer ist eine Belohnung von 50.000 Euro ausgesetzt.
"Wir hatten tatsächlich eine Vielzahl von Hinweisen, etwa um die 160. Rund 60 davon sind auf dem Vertrauenstelefon eingegangen", sagte Ralf Eickler am Montag. Der eine entscheidende Anruf, in dem beispielsweise konkrete Namen genannt worden wären, war indes nicht dabei.
Der Chef der Mordkommission schränkt aber auch ein: "Man muss nach so langer Zeit von den Erwartungen her realistisch bleiben. Viele Dinge, die uns nach 'Aktenzeichen XY" mitgeteilt worden sind, waren schon in der Vergangenheit Gegenstand von Ermittlungen. Andere Hinweise waren eher oberflächlich."
Unterm Strich allerdings hat es sich sehr wohl ausgezahlt, den Mordfall Hesse wieder an die Öffentlichkeit zu bringen. "Denn zwei, drei Hinweise lassen einige Dinge doch in einem anderen Licht erscheinen. Aufgrund dieser Hinweise kann ich sagen, dass sich für uns interessante neue Ermittlungsansätze ergeben haben. Diesen gehen wir unverändert nach. Aufgrund der Tatsache, dass die Tat etliche Jahre zurückliegt und bestimmte Personen nicht mehr vor Ort sind, muss da teilweise umfangreich ermittelt werden. Wir sind unverändert bemüht, das Umfeld von damals aufzuhellen", so Eickler.
Naturgemäß kann und will der erfahrene Ermittler aus Hagen nicht mit der Sprache herausrücken, wie qualitativ hochwertig bestimmte Hinweise gewesen sind. Was er dann aber doch sagen kann: "Neben den Ermittlungsansätzen, die in die organisierte Kriminalität deuten, richten sich die Ermittlungen auch weiterhin auf das gesamte Umfeld der Familie."
Er selbst sah den Beitrag übrigens auch erst rund 30 Stunden vor der Ausstrahlung im Fernsehen. Und er kann Bezug nehmend auf Details aus diesem Film auch aufklären:
Den Jogger, der im Beitrag zunächst in Tatortnähe hintereinander zwei Fahrzeuge und wenig später den brennenden VW Passat gesehen hatte, gab es tatsächlich. "Ja, er war sogar der Hauptzeuge, der Hinweise auf das davonfahrende Fahrzeug geben konnte, bei dem es sich um einen Geländewagen gehandelt haben soll." An jener Stelle in den Schwitter Feldern, an der das Auto von Marion Hesse am 27. Januar 1989 an einem Strommasten in Flammen aufgegangen war, stand schon vorher ein Holzkreuz, das an einen tödlichen Motorradunfall erinnert. Das Unfallopfer wenige Jahre zuvor hieß mit Vornamen Silke. Dieses Duplizität am identischen Ort hatte einige Fernsehzuschauer dazu veranlasst, eine Verbindung zwischen beiden Ereignissen herzustellen. "Hinweise gingen hier in Richtung eines möglichen Racheaktes. Das hat sich aber nicht verifizieren lassen", so Kriminalhauptkommissar Eickler, der auch dieser Theorie nachgegangen ist. Hier kamen Marion und Tim Hesse qualvoll ums Leben
Dass das Fahrrad des kleinen Tim im TV-Beitrag plötzlich wieder zuhause bei den Hesses in der Garage stand, obwohl es doch eigentlich im Kofferraum des Autos liegen und verbrannt sein musste, war nicht den tatsächlichen Vorkommnissen von 1989 angepasst. Es habe sich dabei um eine fiktive Szene gehandelt, so Eickler. Zwei hoffnungsvolle Spuren haben sich übrigens als Sackgassen erwiesen:
Wenige Wochen nach der Tat war 1989 ein Brief auf dem Grab der Opfer in Mönchengladbach gefunden worden - darin deutete ein Unbekannter an, Hinweise gegen eine Zahlung von 50.000 D-Mark zu geben. Eine Frau hatte nach "Aktenzeichen XY" angerufen und um ein persönliches Treffen mit Ralf Eickler gebeten, weil sie konkrete Hinweise zum gesuchten Fahrzeug geben könne. Daraus hat sich aber tatsächlich nichts Neues ergeben. Hier wird im Internet-Forum über den Fall diskutiert
So viel ist sicher: Ralf Eickler und die Beamten der Mordkommission in Hagen werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles tun, um den Mendener Doppelmord an Marion und Tim Hesse noch aufzuklären. Dabei sei zumindest auch perspektivisch noch einmal denkbar, an die Öffentlichkeit zu gehen, um den Fahndungsdruck zu erhöhen.
Wann das sein könnte, welche konkreten Ermittlungsschritte jetzt anstehen und was Eickler ganz konkret Mut macht, lässt er bewusst im Dunkeln.