Thomas Rogi, damals 56 Jahre alt, war Holzknecht beim Gailtaler Holzschlägerungsunternehmen Drauland. In diesem Sommer wurde im Kesselwald, oberhalb der Dellacher Alm, im Bereich der Staatsgrenze, geschlägert. Eine Materialseilbahn brachte das viele Holz ins Tal nach Görtschach. Pferdefuhrwerke transportierten die zahllosen Bloche zum nahen Bahnhof, wo die Waggonverladung erfolgte. Im Stall von Thomas Rogi standen auch vier Pferde. Tochter Paula, damals 19, war eine der Pferdefuhrwerkerinnen.
Keine Heimkehr Jeden Montag fährt Thomas Rogi, mittlerweile Vorarbeiter, mit der Materialseilbahn Richtung Schlag im Kesselwald. Er bleibt die Woche über am Berg und kommt erst Freitagabend heim. Am 19. Oktober 1946 warten Gattin und die zwei Töchter vergebens. Der Gatte und Vater sollte nie mehr heimkommen. Wer aber kommt, ist der Freund Rogis, Maximilian C. Er übergibt Lucia Rogi die Jausentasche ihres Mannes. Darin befindet sich eine Packung Reis für die Familie – er hatte es in Uggowitz besorgt und über die Grenze geschmuggelt. „Dabei haben die Carabinieris Thomas gestellt, er ist davon gerannt, hat die Tasche weggeworfen und wurde dann wohl verhaftet “, wollte C. wissen.
Um dann Lucia Rogi anzuraten, „ja nicht die Gendarmerie zu verständigen“. Sie hatte Angst, und nahm Abstand davon. Das Gerede im Dorf beginnt. Sehr schnell erfährt auch die örtliche Gendarmerie von der Abgängigkeit, sie nimmt die Erhebungen auf. Lucia Rogi sagt den Beamten, was sie weiß. Es ist wenig, verdächtig wenig. Sie gerät selbst unter Verdacht, weil sie keine Abgängigkeitsanzeige erstattet hat. Ihr wird sogar die Festnahme angedroht, wenn sie nicht sofort mit der Wahrheit herausrücke. Diese Wahrheit gab und gibt es aber nicht.
Mordopfer Thomas Rogi – mit zwei Schüssen niedergestreckt
Grausiger Fund Inzwischen suchen Thomas Rogis Brüder nach ihm. Im Kesselwald. Unterhalb der Trasse der Materialseilbahn. Mit ausdrücklicher Erlaubnis der Carabinieri kämmen sie sogar die italienische Seite nach Uggowitz ab. Der Wintereinbruch macht aber eine weitere Suche zunichte. Thomas Rogi bleibt verschwunden.
Der Frühling 1947 zieht ins Land. Auf italienischer Seite geht man an die Errichtung einer eigenen Materialseilbahn. Als die Arbeiter das Tragseil aufziehen wollen, machen sie einen grausigen Fund. In einem Gebüsch stoßen sie auf eine völlig skelettierte Leiche. Anfangs steht die Identität des Toten nicht fest, die Carabinieri wissen aber von der Abgängigkeit des Gailtalers und verständigen die Gendarmen auf Kärntner Seite. Diese stellen anhand der Kleidungsüberreste eindeutig fest – es handelt sich um die Leiche von Thomas Rogi. Die sterblichen Überreste werden später am Friedhof in Uggowitz beerdigt.
Mord nach Streit Ermittlungen der Carabinieri zufolge sollen sich am Abend des 18. Oktober 1946 Thomas Rogi, sein Freund Maximilian C. und ein namentlich nicht bekannter Sudetendeutscher, ehemals SS-Angehöriger, in einem Gasthaus in Malborgeth getroffen und am Ende heftig gestritten haben. Der Sudetendeutsche soll sich auf der Dellacher Alm versteckt und illegal als Holzfäller gearbeitet haben. Anschließend machten sich die Männer auf den dreistündigen Weg Richtung Kesselwald. Nur Rogi sollte dort nie mehr ankommen. Er schaffte nur ein Drittel des Weges – und wurde an Ort und Stelle erschossen und seine Leiche im Gebüsch versteckt.
Mordanklagen Aufgrund dieser Ermittlungen beantragen die Carabinieri die Exhumierung der Überreste Thomas Rogis. Gerichtsmediziner in Udine stellten eindeutig zwei Einschüsse im Schädel von Rogi und eine Schussverletzung im Arm fest. In der Folge wird von den Carabinieris und der Gailtaler Gendarmerie gegen den Sudetendeutschen wegen Mord und gegen Maximilian C. wegen Beihilfe Ermittlungen eingeleitet. Für die Bevölkerung ist der Hergang klar: Der ehemalige SS-Angehörige (der Sudetendeutsche) hat Rogi erschossen und Maximilian C. hat ihm geholfen, die Leiche zu beseitigen. Auch für das Mordmotiv wusste man in der Bevölkerung eine Erklärung. Die beiden Täter wollten Holz nach Italien „schwarz“ verkaufen und sich so einen finanziellen Vorteil verschaf-fen, Thomas Rogi hingegen wollte da nicht mitmachen und sollte sogar mit einer Anzeige gedroht haben. Das habe sein Todesurteil bedeutet.
Selbstmorde der Verdächtigen Die zwei Verdächtigen entzogen sich aber dem weltlichen Gericht, beide wären angeklagt worden. Maximilian C. erkundigte sich an seinem Todestag bei der Witwe Rogis nach ihrem Befinden. Nie zuvor hatte er Ähnliches getan. Dann setzte er sich in das Wägelchen der Materialseilbahn und stürzte sich von der höchsten Stelle in die Tiefe. Er war sofort tot. Am selben Tag entzog sich auch der Sudetendeutsche, vermutlich der eigentliche Mörder Rogis, dem Gericht. Er verunglückte bei einem äußerst mysteriösen Motorradunfall tödlich. Auch in diesem Fall war Selbstmord zu erkennen.