06.06.2013, 11:47 Uhr zuletzt aktualisiert am 6.6.2013
KATRICE LEE AUS PADERBORN
Neue Hinweise in 31 Jahre altem Vermisstenfall Von Sebastian Stricker
Seit dem 28. November 1981 fehlt von der damals zweijährigen Katrice Lee aus Paderborn jede Spur. Ist sie ertrunken, wurde sie ermordet oder entführt?
Paderborn/Osnabrück. Seit dem 28. November 1981 fehlt von der damals zweijährigen Katrice Lee aus Paderborn jede Spur. Ist sie ertrunken, wurde sie ermordet oder entführt? Eine Fernsehsendung über ungeklärte Vermisstenfälle brachte jetzt neue Hinweise.
31 Jahre nach dem Verschwinden der Tochter eines britischen Soldaten schöpft die 1993 nach England zurückgekehrte Familie wieder leise Hoffnung. Zuschauer der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ riefen bei der Polizei sowie im Studio an, nachdem sie am Mittwochabend den Fall im Fernsehen sahen. Sieben Hinweise gingen nach Auskunft der zuständigen Redaktionsleitung im Studio ein. Aber auch die Kriminalpolizei in Bielefeld, die seit 2000 an den Ermittlungen beteiligt ist, verzeichnete bis Donnerstagmittag zwei Hinweise. Wie viele Zuschauer sich direkt an die federführende britische Militärpolizei wandten, die eine deutschsprachige Hotline geschaltet hatte, ist unbekannt.
Im Supermarkt weggelaufen
In dem gut 20-minütigen Beitrag skizzierten Ermittler und Angehörige der Vermissten die ebenso erschütternde wie rätselhafte Geschichte aus dem Winter ‘81. Damals verschwand Katrice Lee an ihrem zweiten Geburtstag von einer Sekunde auf die nächste, als ihre Mutter und ihre Tante sie in einem britischen Supermarkt im Paderborner Stadtteil Schloß Neuhaus aus den Augen ließen. Deutsche und britische Polizei suchte wochenlang mit vereinten Kräften nach dem Mädchen – erfolglos. Bis heute ist unklar, ob die Zweijährige in der nahen Lippe ertrank, ermordet oder entführt wurde. Die Eltern gehen davon aus, dass ihre Tochter noch lebt. Sie wäre heute 33 Jahre alt.
In ergreifenden Interviews schilderten Sharon und Richard Lee, unter welch mysteriösen Umständen sie ihr jüngstes Kind verloren und wie sie seither darunter leiden. „Wir waren eine glückliche Familie, heute sind wir getrennt“, sagte Katrices Vater, damals Oberfeldwebel der Britischen Rheinarmee. Er beschrieb, wie die Ehe an dem Verlust zerbrach. Seine Ex-Frau Sharon bezeichnete das Geschehene als „niemals endenden Albtraum“, aus dem sie endlich aufwachen wolle. „Aber ich darf nicht – seit 31 Jahren.“ Katrices fünf Jahre ältere Schwester Natasha berichtete vor laufender Kamera von Schuldgefühlen, die sie jahrzehntelang plagten. „Wäre ich in den Supermarkt mitgegangen und hätte ihre Hand gehalten – vielleicht wäre Katrice dann nicht verschwunden.“
Im Januar 2012 griff die Britische Militärpolizei in Bulford, England, den Fall routinemäßig wieder auf. Sie schaltete die internationale Polizeibehörde Interpol ein, die jetzt in mehr als 50 Ländern nach Katrice Lee sucht. In der Hoffnung, moderne Techniken könnten das Schicksal der Vermissten klären, erstellte sie zudem computergenerierte Fotos, die Katrice Lee im Alter von 6, 11, 16, 21, 28 und 33 Jahren zeigen. Mit diesen Bildern wandten sich die Ermittler am Mittwoch erneut an die Öffentlichkeit. „Es gibt keine Beweise dafür, dass das Mädchen ertrunken ist oder ermordet wurde“, sagte Captain Andy Southerton im Studio. Folglich versuche man alles, um Katrice Lee zu finden. „Eine Antwort würde 31 quälende Jahre für unsere Familie beenden“, sagte ihr Vater Richard Lee. Fast wäre es einmal so weit gewesen: Ein Postbote aus Osnabrück hatte gut ein Jahr nach Katrices Verschwinden ein streunendes Mädchen aufgelesen und zur Polizei gebracht. Wie sich allerdings herausstellte, handelte es sich um ein anderes Kind.
In der britischen Heimat der Familie schlägt der Fall Katrice Lee bis heute hohe Wellen. Es existieren ein eigener Wikipedia-Eintrag sowie eine Facebook-Seite zum Fall, auch Zeitungen wie der „ Telegraph “ berichteten. In der Mediathek des ZDF ist der Beitrag aus dem „Aktenzeichen XY“-Spezial noch bis 12. Juni online zu sehen.