In Dresden beraten an diesem Wochenende Juristen beim Strafverteidigertag ihre Forderungen nach Reformen in der Rechtspolitik. Ein Hauptanliegen ist die Abschaffung des als veraltet geltenden Mordparagraphen 211 aus dem Jahr 1941. Kritisiert wird laut Vorsitzendem der Strafverteidigervereinigung Sachsen/Sachsen Anhalt, Michael Stephan, die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag und die damit zusammenhängende Wertung des Täters und nicht der Tat an sich. Stephan erklärte dazu: "Der Paragraph beinhaltet insbesondere die Mordmerkmale Habgier, Grausamkeit und dergleichen sehr stark täterorientierte Merkmale. Die will man jetzt abschaffen und mehr zu an der Tat orientierten Merkmalen kommen."
Totschlagparagraphen erweitern
Michael Stephan will den Mordparagraphen abschaffen. Um das umzusetzen schlägt Stephan eine Konzentration auf den Totschlagsparagraphen vor: "Wir würden den Paragraf 212 beibehalten. Da ist formuliert: 'Wer einen Menschen tötet, wird wegen Totschlags mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.'" Es müsse ein zweiter Absatz hinzugefügt werden, in dem ausgeführt ist, dass in besonders schweren Fällen eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren angemessen ist. Die "schweren Fälle" sollten dann durch einschlägige Beispiele definiert werden.
Mit Bestrebungen dieserart steht der Strafverteidiger keineswegs alleine da. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas möchte die Gesetze zu Mord und Totschlag erneuern. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" sagte er im Februar, die Mordmerkmale von 1941 müssten genau überprüft werden. "Ob wir einige streichen, verändern oder ob neue hinzukommen - das möchte ich jetzt zusammen mit den Experten und dem Parlament klären," so der Minister.
Gegen die "lebenslange Haft"
Kritisiert wird von Stephan außerdem die "lebenslange Haft". Der Strafverteidiger setzt sich für zeitlich begrenzte Haftstrafen ein, denn: "Für die Verurteilten muss es ein Licht am Ende des Tunnels geben. Sie müssen die Chance haben, auch zu Lebzeiten wieder entlassen zu werden." Das machten auch verschiedene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts deutlich, so der Strafverteidiger.
Unrecht im Namen des Volkes
Schließlich sind auch Fehlurteile in Strafprozessen ein Thema. Diese hätten in jüngster Zeit immer wieder für Aufsehen gesorgt und ein weit verbreitetes Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Justiz bestärkt, hieß es in einer Mitteilung der Vereinigung.
Der Strafverteidigertag gehe der Frage nach, wie Fehlurteile zustande kommen und welche Ursachen die Wahrheitsfindung erschweren. Dabei werde ein besonderes Augenmerk auf das Ermittlungsverfahren gelegt. Dort, so heißt es weiter, stelle man bereits früh wichtige Weichen für die spätere Hauptverhandlung. Vielfach habe das mit einem "Bedeutungsverlust der Hauptverhandlung" zu tun. Diese sei durch die bloße Übernahme der - mitunter fehlerhaft - gewonnenen "Erkenntnisse" verkommen. "Die Hauptverhandlung droht zu einer reinen Rekonstruktionsveranstaltung zwischen dem Inhalt der im Ermittlungsverfahren gefertigten Protokolle und der Einvernahme der im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugen zu verkommen," beschreibt Stephan die Beobachtungen.
Kritisiert wird von Stephan außerdem die "lebenslange Haft". Der Strafverteidiger setzt sich für zeitlich begrenzte Haftstrafen ein, denn: "Für die Verurteilten muss es ein Licht am Ende des Tunnels geben. Sie müssen die Chance haben, auch zu Lebzeiten wieder entlassen zu werden." Das machten auch verschiedene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts deutlich, so der Strafverteidiger.
Und welches "Licht am Ende des Tunnels" gibt es für die Opfer?
Gar keines mehr.
LG Populous
Meistens belehrt erst der Verlust uns ueber den Wert der Dinge - Arthur Schopenhauer
Dass man diesen alten Paragrafen mal ändert, wird tatsächlich mal Zeit und die Strafe der Tat und nicht dem Täter angepasst wird. Das Opfer ist tot, die Hinterbliebenen leiden, egal ob es Tötung aus Habgier oder nach einem jahrelangen Nachbarschaftsstreit war. Bei Habgier ist es Mord, beim Letzteren Totschlag mit deutlich geringerem Strafmaß.
Man sollte hier einfach nur zwischen Vorsatz und Affekt unterscheiden und die Mordmerkmale in die Tonne treten.
Für vorsätzliche Tötung soll es lebenslänglich geben, in schweren Fällen mit besonderer Schwere der Schuld, für Affekttaten deutlich weniger.
Ein Licht am Endes Tunnels gibt es schon bei lebenslänglich, bei guter Führung sitzt man im Schnitt 17 Jahre.
Wir haben schon sehr moderate Strafen und einen humanen Vollzug, weniger wäre mit dem Rechtsempfinden des Volkes kaum zu vereinbaren, auch wenn man berücksichtigt, dass die vom Gericht verhängte Strafe nur ein Teil der Strafe ist. Die soziale Komponente kommt noch hinzu, denn mit der Wiedereingliederung ist das nicht immer einfach für einen Vorbestraften. Ein vorbestrafter Mörder oder Totschläger hat kaum noch eine Chance in unserer Gesellschaft.
Richtig, da bin ich vollkommen bei dir. Geändert werden sollte das Gesetz schon, aber nicht so wie die Herren das vorhaben.
Zitat von Sunnyie soziale Komponente kommt noch hinzu, denn mit der Wiedereingliederung ist das nicht immer einfach für einen Vorbestraften. Ein vorbestrafter Mörder oder Totschläger hat kaum noch eine Chance in unserer Gesellschaft.
Hier habe ich nur ein gewisses Maß an Verständnis für einen Mord im Affekt.
Sobald Vorsatz dabei war, ist es mir so etwas von egal ob so ein Mörder noch eine Chance in unserer Gesellschaft hat oder nicht.
Ja, hört sich sicher für den einen oder anderen hart an, ist aber meine persönliche Meinung.
In dem Moment wo jemand mit Vorsatz einen anderen Menschen tötet, hat er jedes Recht verwirkt. Punkt!
Admin und Foren Moderatorin Hinweise zu den hier aufgeführten Fällen bitte an die zuständige Polizeidienststelle
Ich sehe es auch so, von mir aus dürfte lebenslänglich bis zum Lebensende bedeuten. Auch für Totschlag im Affekt gibt es immer eine Alternative und das Mindeststrafmaß von fünf Jahren sollte erhöht werden. Es ist zwar erwiesen, dass höhere Strafen keine abschreckende Wirkung haben, siehe USA, aber für Opfer und Angehörige wäre das mehr Gerechtigkeit.
Nur dann sollte unser Rechtsystem mal generell auf den Prüfstand. Seit Jahren fordern Strafrechtler eine Kontrollinstanz für Urteile vom Landgericht, eine Prüfung nur auf Rechtsfehler vor dem BGH reicht einfach nicht. Wenn es schon aus Kostengründen nicht möglich ist, eine zweite Tatsacheninstanz einzuführen, sollte es wenigstens eine Wortprotokollpflicht geben, so dass der BGH oder eine andere Kontrollinstanz die Möglichkeit hat, Indizien, Zeugenaussagen, Gutachten und die Schlussfolgerung daraus, nachzuvollziehen.
Dass es möglich ist, ohne Sachbeweis, nur aufgrund einer richterlichen Einschätzung, zu verurteilen, das muss ausgeschlossen werden. Solange es möglich ist, nur den Sachverhalt, den der Richter für maßgeblich hält, in das Urteil zu schreiben und alles andere fällt unter den Tisch und das Ganze wird dann auch noch revisionssicher verpackt, wird es immer eine Vielzahl von Fehlurteilen geben. Ganz ausschließen wird man sie nie können, aber wenigstens auf ein Minimum begrenzen.
Ein ehemaliger Richter des BGH schätzt die Fehlurteilquote auf 25 %, das Problem ist bekannt, ändern tut sich nichts. Da sind zwar auch Freisprüche dabei, ist aber auch nicht besser, wenn Tötungsdelikte und Sexualdelikte ungesühnt bleiben.
Mord und Totschlag sind zwei voneinander unabhängige Tatbestände, sie unterscheiden sich einzig durch die Mordmerkmale (Heimtücke, Habgier,Verdeckung einer Straftat, Befriedigung des Geschlechtstriebes, Mordlust, besondere Grausamkeit). In der Praxis ist es nicht immer klar, besonders die Heimtücke ist manchmal schwierig nachweisbar und auch Ansichtssache.
Habe mir die Sendung noch nicht angesehen, mal sehen wie Herr Maas sich das vorstellt.
Alleine schon diese o. g. Schlagworte sind für mich Kriterien für Mord!
@Christine
Ich sehe das ein bisschen anders. Für mich sind beides Schlagwörter für Menschen, die einem anderen das Leben nehmen.
Der Totschlag ist für mich eine nicht geplante Tat. Also eine Handlung im Affekt. Sicher gibt es auch gerade beim Totschlag gewisse Usancen, die schwer zu trennen und dessen Übergang fließend ist. Ich meine hier hineinspielend leichte bzw. schwere Fahrlässigkeit, Vorsatz bei z.B Unfall mit Todesfolge usw.
Lebenslänglich soll auch lebenslänglich sein. Die Opfer eines Mörders hatten auch Zukunftsperspektiven, die eben dieser Mörder/in zunichte gemacht hat.
LG Populous
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