Infektionen in Deutschland insgesamt: 3.062 Zuletzt aktualisiert: 13.03.2020, 15:00
13. März 2020 Therapeutische Medikamente gegen die Coronavirusinfektion Covid-19
Gegen die Pandemie mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 werden nicht nur Impfstoffe entwickelt, sondern auch Medikamente erprobt. Stilisierte Display-Abbildung mit Schriftzug
Auch wenn die Entwicklung von Impfstoffen gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 mit nie gekannter Geschwindigkeit vorangeht, ist es doch unwahrscheinlich, dass diese schon 2020 für Massenimpfungen verfügbar werden. Deshalb richten sich die Hoffnung darauf, dass es schneller gelingt, Medikamente zur Behandlung bereits Infizierter zu finden; Medikamente, die helfen, dass die von diesem Virus verursachte Atemwegsinfektion Covid-19 nicht lebensgefährlich wird und rasch abklingt.
Die Hoffnungen konzentrieren sich insbesondere auf Medikamente, die schon gegen eine andere Krankheit zugelassen oder zumindest in Entwicklung sind. Sie müssten nur umfunktioniert werden, was schneller gehen würde als eine grundständige Neuentwicklung.
In der Tat werden schon eine Reihe vorhandener Medikamente auf ihre Eignung gegen die aktuelle Corona-Erkrankung geprüft. Sie gehören meist zu einer der folgenden drei Gruppen:
Antivirale Medikamente, die ursprünglich gegen HIV, Ebola, Hepatitis C, Grippe, SARS oder MERS (zwei von anderen Coronaviren hervorgerufene Krankheiten) entwickelt wurden. Sie sollen die Vermehrung der Viren blockieren oder verhindern, dass sie in Lungenzellen eindringen. Auch ein altes Malaria-Medikament wird geprüft, dessen Wirksamkeit gegen Viren erst vor kurzem entdeckt wurde. Immunmodulatoren, die z. B. gegen Rheumatoide Arthritis oder entzündliche Darmerkrankungen entwickelt wurden. Sie sollen die Abwehrreaktionen des Körpers so begrenzen, dass diese nicht noch mehr Schaden anrichten als die Viren selbst. Medikamente für Lungenkranke, die z. B. gegen idiopathische Lungenfibrose entwickelt wurden. Sie sollen verhindern, dass die Lunge der Patienten das Blut nicht mehr mit genug Sauerstoff versorgen kann.
Außerdem gibt es aber auch noch Ansätze für Neuentwicklungen von Medikamenten. Was ist was?
Coronavirus: Es handelt sich um den Oberbegriff für eine Familie von Viren, die Menschen oder Tiere befallen. Die Erreger von SARS in den Jahren 2002/2003, MERS und zahlreichen Erkältungsformen zählen ebenfalls dazu.
SARS-CoV-2: Dieser sich aktuell weltweit verbreitende Erreger war bis dato unbekannt und erhielt seinen Namen erst im Februar 2020. Deshalb wurde und wird er in der Berichterstattung auch häufig „neuartiger Coronavirus“ genannt. Die Abkürzung steht für Severe Acute Respiratory Syndrome-Coronavirus-2.
Covid-19: Zum Glück erkrankt nicht jede Person, die sich mit SARS-CoV-2 ansteckt. Diejenigen, die nach einer Ansteckung mit dem neuen Erreger Symptome zeigen, leiden unter der Atemwegserkrankung Covid-19. Die Bezeichnung leitet sich ab von „Coronavirus -Disease“ und dem Jahr des ersten Auftretens, 2019. Laufende Projekte für therapeutische Medikamente
Diese Übersicht wird laufend aktualisiert. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Antivirale Medikamente
Remdesivir wurde von Gilead Sciences ursprünglich gegen Ebola-Infektionen entwickelt (gegen die es sich nicht bewährt hat), zeigte aber im Labor Wirksamkeit gegen MERS-Viren. Nun wird der Wirkstoff in mehreren Studien gegen SARS-CoV-2 erprobt.
CytoDyn prüft, ob sein Antikörper-Wirkstoff Leronlimab gegen das Coronavirus wirksam ist. Entwickelt wurde er gegen HIV, wofür er auch schon in Patientenstudien erprobt wird.
AbbVie hat ein weiteres HIV-Medikament mit der Wirkstoffkombination Lopinavir / Ritonavir chinesischen für die Erprobung als Covid-19-Therapeutikum zur Verfügung gestellt. Studien mit Patienten laufen, darunter auch eine Studie, in der die Patienten zusätzlich Novaferon von Beijing Genova Biotech inhalieren. Dieses Alpha-Interferon ist in China zugelassen zur Therapie von Hepatitis B.
Das chinesische Unternehmen Ascletis kombiniert Ritonavir stattdessen mit einem in China gegen Hepatitis C zugelassenen Medikament mit dem Wirkstoff Danoprevir. Studien laufen.
In China wurden ferner dem Unternehmen Zhejiang Hisun Pharmaceutical klinische Studien zur Covid-19-Therapie mit einem antiviralen Medikament mit dem Wirkstoff Favilavir genehmigt. Favilavir hat bislang nur eine Zulassung für die Grippetherapie (in Japan und China).
Ebenfalls eigentlich gegen Grippe in Entwicklung ist ATR-002, ein Kinaseinhibitor des Unternehmens Atriva Therapeutics in Tübingen. Nun prüft das Unternehmen, ob der Wirkstoff auch die Vermehrung von SARS-CoV-2 hemmen kann.
APEIRON Biologics (Wien) und die Universität von British Columbia wollen das Medikament APN01 erproben, das aus der SARS-Forschung hervorgegangen ist und zwischenzeitlich auch schon in Patientenstudien gegen andere Lungenerkrankungen erprobt wurde. Es blockiert ein Molekül an der Oberfläche der Lungenzellen, das die Viren als Angriffspunkt für den Eintritt in die Zellen nutzen.
Chloroquin ist eigentlich als Wirkstoff gegen Malaria bekannt geworden. Mittlerweile ist aber bekannt, dass der Wirkstoff auch antiviral eingesetzt werden kann. Nach positiven Labortests gegen SARS-CoV-2 kam von chinesischen Forschern inzwischen auch die Nachricht, dass sich Chloroquin in einer klinischen Studie als wirksam erwiesen habe.
Regeneron erprobt ein Medikament mit den monoklonalen Antikörpern REGN3048 und REGN3051 in einer Phase I-Studie mit Freiwilligen. Diese Antikörper kommen als Mittel zur Virenhemmung in Betracht, weil sie an ein Protein des MERS-Coronavirus binden, das mit SARS-CoV-2 verwandt ist.
Vir Biotechnology hat Antikörper aus dem Blutserum von Patienten gewonnen, die 2003 eine SARS-Infektion überstanden haben. Nun prüft das Unternehmen, ob diese auch imstande sind, die Ausbreitung des nah verwandten aktuellen Coronavirus zu unterbinden. Für die biotechnische Produktion von "Kopien" dieser Antikörper kooperiert Vir Biotechnology mit dem chinesischen Unternehmen WuXi Biologics.
Pfizer erprobt derzeit im Labor weitere antivirale Wirkstoffe, die das Unternehmen schon zuvor gegen andere Viren entwickelt hat. Sollten sich ein oder mehrere davon in Labortests bewähren, würde Pfizer sie den einschlägigen toxikologischen Tests unterziehen und Ende 2020 mit der Erprobung mit Menschen beginnen. Auch MSD untersucht derzeit, welche seiner antiviralen Wirkstoffe gegen SARS-CoV-2 wirksam sein könnten.
Immunmodulatoren
In mehreren Projekten sollen überschießende Immunreaktionen bei schwer Erkrankten gedämpft und damit die Lunge vor größeren Schäden bewahrt werden.
Beim einen erprobt Innovation Pharmaceuticals seinen Wirkstoff Brilacidin. Ursprünglich wurde der immunmodulatorische Wirkstoff zur Therapie von entzündlichen Darmerkrankungen und Entzündungen der Mundschleimhaut entwickelt.
Bei einem zweiten geht es um den Immunmodulator Tocilizumab in einem Mittel von Roche zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Chinesische Forscher wollen das Medikament bei Covid-19-Patienten erproben.
Chinesische Mediziner erproben auch den Immunmodulator Fingolimod mit Patienten. Er wurde von Novartis für die Therapie der Multiplen Sklerose entwickelt und ist dafür zugelassen. Novartis prüft auch selbst, welche seiner Medikamente für eine Umwidmung zur Behandlung von Covid-19-Patienten in Betracht kommen.
Im weiteren Sinne kann man auch Natriummetaarsenit (NaAsO2) zu den Immunmodulatoren zählen, denn es dämpft die Produktion bestimmter Botenstoffe des Immunsystems (den Cytokinen), die intensive Immunreaktionen auslösen können. Das südkoreanische Unternehmen Komipharm hat damit ein Medikament gegen tumorassoziierte Schmerzen entwickelt (Projektname PAX-1-001). Nun hat es klinische Studien zur Erprobung des Medikaments bei Covid-19-Patienten beantragt.
Medikamente für Lungenkranke
Chinesische Forscher wollen ein Medikament von Roche mit dem Wirkstoff Pirfenidon erproben, das bereits für Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose zugelassen ist. Dieses Medikament wirkt der Vernarbung geschädigten Lungengewebes entgegen.
Das US-amerikanische Unternehmen Bioxytran entwickelt derzeit ein Medikament mit dem Wirkstoff BXT-25 für Patienten mit der Lungenkrankheit Acute Respiratory Distress Syndrom (ARDS). Es kann voraussichtlich die Sauerstoffaufnahme in einer geschädigten Lunge verbessern und Patienten helfen, die sonst nur noch über eine künstliche Lunge zureichend mit Sauerstoff versorgt werden können. Das Unternehmen möchte sein Medikament mit einem Partner auch für schwerkranke Patienten mit Covid-19 erproben.
Neue Medikamente gegen SARS-CoV-2
Im Zentrum der Neuentwicklung von Medikamenten gegen das neue Coronavirus steht das Blutserum von Patienten, die von einer Covid-19-Infektion genesen sind (das sogenannte „Rekonvaleszentenserum“). Es enthält Antikörper, die das Immunsystem der Patienten in Reaktion auf die Infektion gebildet hat. Die Hoffnung ist, dass einige dieser Antikörper imstande sind, SARS-CoV-2 im Körper vermehrungsunfähig zu machen.
Dieser Rationale folgt ein Projekt des Unternehmens Takeda: Dort will man im Rahmen des Projekts TAK-888 ein Antikörpergemisch aus dem Blutplasma von Personen gewinnen, die von Covid-19 genesen sind (oder später von Menschen, die gegen Covid-19 geimpft wurden). Solch ein Gemisch heißt anti-SARS-CoV-2 polyclonal hyperimmune globulin (H-IG); die Behandlung damit "Passivimmunisierung". Anders als bei Vir Biotechnology erhalten die Covid-19-Patienten dann also ein Medikament mit direkt aus menschlichem Plasma gewonnenen Antikörpern und keinen biotechnisch produzierten "Kopien" davon erhalten.
Auch das schon weiter oben genannte Projekt von Vir Pharmaceuticals basiert auf diesem Konzept, nur dass die Antikörper aus dem Blut von SARS-Patienten und nicht Covid-19-Patienten stammen.
Weitere Forschungsgruppen in der Welt verfolgen ebenfalls den Ansatz, Antikörper aus Blutserum zur Passivimmunisierung einzusetzen.
Einen ganz anderen Weg verfolgt hingegen ein Forschungsteam der Universität Lübeck. Es entwickelt seit Jahren sogenannte Alpha-Ketoamide als antivirale Wirkstoffe gegen Corona und Enteroviren (die u.a. für Erkältungen und Mundfäule verantwortlich sind). In Laborversuchen hemmen sie die Vermehrung dieser Viren. Einer der experimentellen Wirkstoffe, genannt "13b", ist gegen Coronaviren optimiert. Er soll nun in Zellkultur und mit Tieren getestet und im Fall von positiven Ergebnissen gemeinsam mit einem Pharma-Unternehmen in Studien mit Menschen erprobt werden. Wie schnell?
Ein Mann steht in einer Flughafenhalle und trägt einen Mundschutz. Hintergrund #abcGesundheitspolitik
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Dass ein Medikament schon gegen eine andere Krankheit erprobt ist, ersetzt nicht die gründliche Prüfung auf seine Eignung für Patienten mit SARS-CoV-2. Die muss in klinischen Studien erfolgen, an die sich im Erfolgsfall eine Prüfung aller Daten zu Wirksamkeit, Verträglichkeit und technischer Qualität durch die Zulassungsbehörden anschließt. Die Zulassungsbehörden haben aber signalisiert, dass sie sowohl die Genehmigungsverfahren für klinische Studien wie auch die Zulassungsverfahren für erfolgreich getestete Medikamente mit Priorität bearbeiten werden.
Nicht vergessen werden darf, dass auch eine Zulassung noch keine sofortige umfassende Verfügbarkeit garantiert: Diese wird vielmehr davon abhängen, wie schnell das zugelassene Medikament in epidemiegerechten Mengen produziert werden kann.
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